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Sport: Schwer depressiv

Leverkusen verliert auch das zweite Spiel der Rückrunde – nach dem 0:2 in Dortmund besteht wenig Aussicht auf Besserung

Dortmund. Bayer Leverkusen hat eine schwierige Woche hinter sich. 0:3 hatte der Vizemeister zum Auftakt der Rückrunde gegen den Tabellenletzten Energie Cottbus verloren, Kapitän Jens Nowotny fällt monatelang aus, über den Job von Trainer Klaus Toppmöller wird bereits öffentlich diskutiert, und Aussicht auf rasche Besserung besteht nicht. Gestern Abend verloren die Leverkusener 0:2 bei Borussia Dormund. Vor neun Monaten hatten die Dortmunder den Leverkusenern noch den Meistertitel weggeschnappt, inzwischen liegen Welten zwischen beiden Teams. Die Dortmunder sind durch den Sieg wieder erster Verfolger der Bayern, müssen allerdings noch sechs Punke aufholen.

Bayer Leverkusen hingegen gerät immer ärger in Abstiegsgefahr. Der Abstand beträgt nur noch einen Punkt. Zudem müssen die Leverkusener wohl einige Wochen auf ihren Spielmacher Yildiray Bastürk verzichten, der sich bereits nach fünf Spielminuten zu einem üblen Foul an Ewerthon hinreißen ließ und dafür die Rote Karte sah. Am nächsten Wochenende im Spiel beim VfL Bochum fehlt Bayer auch noch Nationalspieler Carsten Ramelow, der die fünfte Gelbe Karte sah. Hinzu kommt, dass die moralische Verfassung nach der dürftigen Vorstellung vor 67 600 Zuschauern im Westfalenstadion gefährlich nahe an der Depression liegt.

Der Spielverlauf erhöhte die Frustration der Gäste noch weiter: Schon in der dritten Spielminute gelang Dortmunds Brasilianer Enrique Ewerthon nach feinem Pass von Jan Koller die Führung. Für Leverkusens Manager Reiner Calmund bedeutete das bereits die Vorentscheidung: „Du liegst 0:1 hinten, hast einen Mann weniger auf dem Platz, da geht es nur noch um Schadensbegrenzung.“ Tatsächlich hätte die Dienstfahrt ins Ruhrgebiet für Leverkusen zu einem Debakel werden können, wenn Dortmund die Überlegenheit konsequenter ausgenutzt hätten.

So blieb es beim zweiten Treffer durch Jan Koller nach knapp einer halben Stunde, wobei der BVB in der Schlussviertelstunde der ersten Hälfte Chancen im Minutentakt ausließ. In der zweiten Hälfte beschränkte sich das Team von Trainer Matthias Sammer darauf, das Spiel zu kontrollieren und den Vorsprung zu verwalten. Sehr zum Unwillen Sammers, der bemängelte, „dass wir aus solch einer Überlegenheit einfach mehr Erfolgserlebnisse schaffen müssen“. Von den harmlosen Leverkusenern hatten sie sowieso nicht viel zu befürchten. So herrschte in der zweiten Halbzeit nur dann Alarm, wenn der überragende Koller die Leverkusener Defensive aufmischte.

Dagegen ging bei Bayer nach vorne gar nichts: Der Brasilianer Franca wirkte völlig überfordert und wurde nach noch nicht einmal einer Stunde durch seine Auswechselung erlöst. Aber auch sein Stürmerkollege Oliver Neuville ist derzeit nur noch ein Schatten früherer Tage.

Rückendeckung für einen gefährdeten Trainer sieht anders aus als das, was die Leverkusener Spieler gestern zeigten. Klaus Toppmöller jedenfalls gerät in Leverkusen immer stärker unter Druck. Zum Teil hat er sich das selbst zuzuschreiben. Wenn er keine der nächsten vier Begegnungen gewinne, so hatte Bayers Trainer in der Winterpause selbst gemutmaßt, sei seine Uhr am Rhein wohl abgelaufen. Damit hat der Mann aus Rivenich den Countdown seiner Demission quasi selbst begonnen. Mit den Niederlagen gegen Energie Cottbus und bei Borussia Dortmund ist die Hälfte seiner Frist bereits abgelaufen. Es folgen das Viertelfinale im DFB-Pokal bei der Spielvereinigung Unterhaching und schließlich das Meisterschaftsspiel gegen den VfL in Bochum. Dortmunds Fans haben sich gestern schon mal vom Mann mit den grauen Locken verabschiedet: „Toppi ist bald arbeitslos“, klang es voller Hohn von der Südtribüne.

Viel mehr als Spott gibt es für die beste Mannschaft der vorigen Saison derzeit nicht. In Leverkusen können sie im Moment nicht viel mehr tun, als Durchhalteparolen zu verbreiten. Trainer Toppmöller sieht die Spieler in der Pflicht, „mit Herzblut für den Verein zu kämpfen“. Und Bernd Schneider sagt: „Wir müssen weiter arbeiten und versuchen, mit Selbstvertrauen auf den Platz zu laufen.“ Wie anspruchsvoll solch ein Unterfangen bei einer Mannschaft im freien Fall ist, ahnt der Nationalspieler schon: „In den nächsten Wochen wird das schwierig genug werden.“

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