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Sport: Schwermut auf Schalke

Im Titelkampf schlägt sich der Tabellenführer selbst

Wenn es für die Verlierer in dieser lauen Frühlingsnacht überhaupt einen Trost gab, dann war es der Blick auf das Klassement der Fußball-Bundesliga. „Nach der heutigen Tabelle sind wir noch Erster“, sagte Mirko Slomka, der Cheftrainer des FC Schalke 04. Doch die Niederlage gegen den VfL Bochum warf eine bange Frage auf: Wie lange noch? Über viele Wochen hinweg hatten die Schalker sich in der Poleposition eingerichtet und nur auf ihr eigenes Fortkommen geachtet. Das 1:2 in Bochum hat die Perspektive überraschend verändert. „Zum ersten Mal ist es so weit, dass ich auch auf die Gegner schaue“, sagte Slomka. An diesem Sonntag wird sein Blick nach Bielefeld wandern. Dort kann Werder Bremen mit einem Sieg die Spitze übernehmen.

Slomka setzt, zumindest öffentlich, keine große Hoffnung in die Arminia, die im Kampf um den Klassenverbleib dringend Punkte benötigt. „Ich gehe davon aus, dass Bremen dort gewinnt und wir am Sonntagabend nicht mehr Tabellenführer sind.“ Diese Vorhersage kann zwei Gründe haben. Entweder die Niederlage hat Slomka so sehr getroffen, dass ihm die Fantasie fehlt, sich einen Fehltritt des jüngst im Uefa-Cup schwer geschlagenen Mitbewerbers auszumalen. Oder der Trainer will taktieren und hat Werder vorab zum Sieger erklärt, um Bremen unter Druck zu setzen. Schalke ist auf Fehler von Bremen angewiesen. „Ich kann jetzt nicht mehr zu hundert Prozent davon überzeugt sein, dass wir den Titel holen. Wir haben es nicht mehr selbst in der Hand“, sagte Slomka. Der 39-Jährige wirkte sehr niedergeschlagen.

Eine halbe Stunde lang hatte sein Personal gegen Bochum alles im Griff. Nach Kevin Kuranyis Führungstor in der achten Minute wirkte der Favorit hoch überlegen und siegessicher. Der zweite Treffer schien nur eine Frage der Zeit zu sein. Aber die Leichtigkeit des Seins wurde zum Ursprung der Schalker Schwermut. Die Gelsenkirchener jagten einem Schönheitspreis nach, der in dieser dichten, temporeichen, am Ende hektischen Partie nicht zu vergeben war. In ihrer stärksten Phase traten die Schalker zu selbstverliebt, zu selbstgefällig auf, um den Außenseiter nachhaltig auf Distanz zu halten. „Wir haben gedacht, es geht von alleine“, sagte Stürmer Gerald Asamoah.

Von alleine ging plötzlich gar nichts mehr. Unterstützt von Tausenden weiß gekleideter Fans verloren die Schalker beim Ausgleichstor von Zvjezdan Misimovic ihre Unschuld, aufgrund des zweiten Gegentreffers von Gekas das Spiel und vielleicht sogar die Meisterschaft – wie vor sechs Jahren am selben Ort, als ein Unentschieden gegen den VfL die Schalker im Titelkampf vier Spieltage vor dem Saisonende entscheidend zurückwarf. Nicht nur wegen vieler vergebener Chancen bot auch die Niederlage am Freitag den Stoff, aus dem die Albträume sind. Zwei Pfostenschüsse (der VfL hatte allerdings auch einen) und zwei Strafraumszenen, die heftige Diskussionen, aber keinen Elfmeterpfiff hervorriefen: Bochum besitzt gute Chancen, sich für Schalke zum Unglücksort zu entwickeln.

Slomka zürnte dem Schiedsrichter und versuchte den Eindruck zu erwecken, als hätte Knut Kircher die Niederlage zu verantworten. Aber so sehr er sich auch aufregte: Der Trainer des FC Schalke 04 hält an seinem Traum fest. „Wir geben nicht auf“, sagte er trotzig. „Wir sind ungerecht behandelt worden, aber ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass die Mannschaft einen Knacks bekommt.“ Der Blick in die Geschichte mag Zweifel an dieser Prognose wecken.

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