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Sport: Schwimm-WM: Einfach ins Wasser gesprungen

Alle wollten sie herzen, und Hannah Stockbauer hatte auch alle lieb. Sie hätte die ganze Welt umarmen können, doch stattdessen weinte die Schwimmerin nach ihrem Weltmeistertitel über 800 Meter Freistil.

Alle wollten sie herzen, und Hannah Stockbauer hatte auch alle lieb. Sie hätte die ganze Welt umarmen können, doch stattdessen weinte die Schwimmerin nach ihrem Weltmeistertitel über 800 Meter Freistil. "Ich bin überglücklich" - ein Satz, der Siegern so häufig über die Lippen kommt, dass er schon abgedroschen klingt. Nicht bei der 19-Jährigen aus Erlangen. Nicht nach Sydney, ein Wort, "das ich schon fast nicht mehr hören kann". Vor zehn Monaten war sie als Medaillen-Kandidatin zu den Olympischen Spielen auf den Fünften Kontinent gereist und mit leeren Händen zurückgekommen. "Dort war sie dem enormen Druck nicht gewachsen", sagt ihr Trainer Roland Böller. Es waren bittere Stunden für den Teenager, denen jetzt eine sehr schöne folgte.

Das könnte für den gesamten deutschen Schwimmsport gelten. Der zweite Tag der Schwimmweltmeisterschaft in Fukuoka brachte dem deutschen Team zwei Goldmedaillen. Neben Hannah Stockbauer über 800 Meter Freistil siegte auch die Freistil-Staffel der Frauen. Sie schlug mit neuer Europarekordzeit von 3:39,58 Minuten an. In der Besetzung Petra Dallmann, Antje Buschschulte, Katrin Meißner und Sandra Völker besiegte das deutsche Quartett die USA und Großbritannien. Auch die 17-jährige Annika Mehlhorn durfte gestern jubeln. Über 200 Meter Schmetterling kam sie auf Platz zwei, Steffen Driesen holte sich Bronze über 100 Meter Rücken. Somit sammelte das deutsche Team bereits fünf Medaillen an nur zwei Tagen. In Sydney hatte es insgesamt nur dreimal Bronze gegeben. Die Präsidentin des Deutschen Schwimmverbandes war begeistert. Christa Thiel sagte: "Traumhaft, der deutsche Schwimmsport ist damit in die Weltspitze zurückgekehrt."

Auch Hannah Stockbauer jubelte nach ihrem Rennen. "Ich bin so gut drauf, es lief alles perfekt - egal, was und wie ich geschwommen bin." Ihre Zeit von 8:24,66 Minuten fand sie eigentlich sensationell. Ihr neues Erfolgsrezept: "Ich bin ins Wasser gesprungen, und es lief einfach perfekt." Sydney versucht sie zu vergessen, obwohl es ihr immer noch im Kopf herumspukt. Denn: "Die Erfahrung von Sydney spielte heute natürlich eine große Rolle." Hannah Stockbauer hat gelernt, mit der Belastung der Favoritin umzugehen. "Eigentlich ist im Moment alles perfekt bei mir."

So perfekt, dass sie über 1500 Meter Freistil im Finale am Samstag den zweiten Coup in Japan landen will. Sie hält die Jahresweltbestzeit. So eine Situation hätte ihr vor gar nicht allzu langer Zeit schwer zu schaffen gemacht. Jetzt nicht mehr. "Ich kann gut an dieses Rennen rangehen."

Jetzt hat sie erst mal eine Pause von drei Tagen, in der sie die Goldmedaille einfach genießen will. Jenes Gold, das ihr vor Sydney schon sehr nahe war, in Gedanken. In Fukuoka baumelt es um Hannah Stockbauers Hals. Mit Händen greifbar. Ganz real.

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