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Augen zu und durch. Nach dem Anschlag steht Steffen Deibler die Enttäuschung über seinen vierten Platz ins Gesicht geschrieben. Bei der Europameisterschaft im August 2014 in Berlin will der Sportler vom Hamburger Schwimm-Club einen neuen Anlauf nehmen.

© dpa

Schwimm-WM in Barcelona: Steffen Deibler: Verfluchte Hundertstel

Fast wie bei den Olympischen Spielen 2012 in London: Steffen Deibler verpasst bei der Schwimm-WM in Barcelona wieder mal ganz knapp das Podium und blickt nun nach vorn auf die EM 2014 in Berlin.

Aus der Halle dröhnte gerade die brasilianische Nationalhymne durch die mobilen Wände, als die Kameras Cesar Cielo Filho einfingen und sein Gesicht auf die großen Bildschirme projizierten. Der Weltmeister über 50 Meter Freistil, der im März 2011 positiv auf das Dopingmittel Furomesid getestet, von seinem Verband allerdings nur mit einer Verwarnung bedacht worden war, presste mal wieder falsche Tränen hervor. Dabei hätte eigentlich einem anderen Mann zum Heulen zumute sein müssen: Steffen Deibler nämlich, der sein großes Ziel einmal mehr ganz knapp verpasst hatte. Gestern fehlten dem 26-Jährigen vom Hamburger Schwimm-Club bei der Weltmeisterschaft in Barcelona über 100 Meter Schmetterling ganze acht Hundertstelsekunden zur Bronzemedaille – bei den Olympischen Spielen in London waren es im vergangenen Jahr noch 37 Hundertstel bis zum Podium gewesen. Das Resultat war für Deibler umso frustrierender, weil er als Weltjahresbester auf dieser Strecke angetreten war.

„Ich kann mir nicht viel vorwerfen. Ich habe ein gutes Rennen gemacht, in der zweitschnellsten Zeit, die ich je geschwommen bin. Aber es ist eben sauärgerlich, dass es wieder keine Medaille ist“, sagte Deibler. Dabei wollte er die alten Vorurteile vom ewigen Talent, dem bei großen Wettkämpfen die mentale Kraft abgeht, eigentlich nicht hören – und schon gar nicht selbst anstimmen. Und doch fehlte ihm – nachdem er die ersten 50 Meter unfassbar schnell in 23,60 Sekunden angegangen war – auch in Barcelona die letzte Kraft zur langersehnten Medaille. „Viertschnellster Mann auf der Welt, in einem Schmetterlingfeld, das in diesem Jahr saustark ist“, begann Deibler seine Analyse. „Aber klar“, ergänzte er, „das ist schon scheiße gewesen so.“

Völlig anderer Meinung war Chad Le Clos. Der 21-jährige Südafrikaner setzte sich in der enorm dichten Konkurrenz am Ende ab und holte mit 39 Hundertsteln Vorsprung auf den Ungarn Laszlo Cseh Gold, während Cseh und den Weißrussen Yauhen Tsurkin auf Platz acht nur zwei Zehntelsekunden trennten.

Das Rennen über 100 Meter Schmetterling war einer der Höhepunkte dieser WM und hatte mit Deibler sogar einen deutschen Schwimmer als Hauptdarsteller, der am Ende aber gestehen musste: „Ich war schneller als in London, und das Feld war viel stärker als bei Olympia – trotzdem werde ich jetzt traurig sein, dass es heute nicht geklappt hat.“ In London hatte er die Konkurrenz 75 Meter lang dominiert, in Barcelona waren es nun 90 Meter. Ein wenig trotzig versprach der gebürtige Biberacher allerdings: „Ich bin ganz sicher, dass ich das Ding in den nächsten Jahren auch zu Ende schwimmen kann.“

Die nächste Gelegenheit wird sich bei der EM im August 2014 in Berlin ergeben, mit dann ähnlich gewaltiger Konkurrenz wie im Moment: Im Finale im Palau Sant kamen allein Le Clos und der neu zu den Schmetterlingschwimmern gestoßene Amerikaner Ryan Lochte – am Samstag Sechster – nicht aus Europa. „Dieses Rennen wird mir wieder Motivation geben, und bei der Heim-EM mach' ich's dann besser“, sagte Deibler, „aber auch das wird kein Kindergeburtstag.“

Das Beckenschwimmen ist nach dem Verbot der Superanzüge Ende 2009 und anschließender Weltrekorddürre inzwischen schon wieder derart entfesselt, dass die Bestmarken auch ohne beschleunigendes Material regelmäßig fallen. In Barcelona waren dafür in erster Linie Teenager zuständig – auch am vorletzten Finalabend wieder, als die 16 Jahre alte Litauerin Ruta Meilutyte im Halbfinale über 50 Meter Brust und die ebenfalls 16-jährige Amerikanerin Katie Ledecky über 800 Meter Freistil die alten Rekorde brachen. Es waren die Weltrekorde Nummer fünf und sechs in Barcelona, für Nummer vier hatte die Russin Yuliya Efimova in ihrem Vorlauf über 50 Meter Brus gesorgt.

Davon kann Dorothea Brandt nur träumen. Auch wenn sie mit ihrer Halbfinalzeit von 24,85 Sekunden nicht zufrieden war: Ins Finale über 50 Meter Freistil hat sie es als Siebte geschafft. „Der Shanghai-Dämon ist besiegt“, sagte die 29-Jährige von der SG Essen. Bei besagter WM 2011 hatte Brandt das Finale noch um eine Hundertstelsekunde verpasst.

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