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Die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro verpasste Yannick Lebherz wegen einer Erkrankung.

© Hannibal / dpa

Schwimmen: Yannick Lebherz: Frieden in der Tretmühle

Yannick Lebherz verpasste unglücklich Olympia in Rio de Janeiro, das Schwimmen aufgeben wollte er deshalb aber nicht.

Es spricht für einen Sportler, wenn er die dunkelsten Stunden seiner Karriere hinter sich lassen kann. Yannick Lebherz klingt jedenfalls überzeugend, wenn man ihn auf die deutschen Meisterschaften im Mai 2016 anspricht. „Darüber habe ich lange nicht nachgedacht“, sagt der Schwimmer vom Potsdamer SV. Und erinnert sich dann doch recht genau daran, wie unglücklich er die Olympia-Qualifikation verpasste.

„Wir waren auf dem besten Weg der letzten Jahre“, sagt Lebherz über das Frühjahr 2016, nach Platz elf bei Olympia in London will er in Rio mehr. Bei den nationalen Meisterschaften in Berlin möchte er sich für die 4 x 200 Meter Freistil-Staffel qualifizieren, mit der er an der Seite von Paul Biedermann 2014 Europameister geworden ist. „Der Schlag kam Mittwochfrüh“, erinnert sich Lebherz.

„Da rattert durch, was man so geopfert hat“

Er wacht auf mit einer Seitenstrang-Angina, sein Hals ist dick angeschwollen, auch ein Antibiotikum bringt keine Besserung. „Ich hing drei Tage in den Seilen, der Körper hat sich komplett runtergefahren, ich habe fast nichts gegessen“, erzählt er heute. Auf der Couch denkt er darüber nach, wie viel er für Olympia gearbeitet hat, wie oft er seine Frau und seine kleine Tochter Emilia allein gelassen hat, um in Trainingslager zu fahren „Da rattert durch, was man so geopfert hat“, sagt er.

Lebherz sagt fast alle Starts in Berlin ab, nur über 200 Meter Freistil will er am Sonntag unbedingt schwimmen. Nach 100 Metern liegt er im Vorlauf an der Spitze des Feldes, in der zweiten Rennhälfte geht es nur darum, irgendwie ins Ziel zu kommen. Seine Zeit reicht für den Endlauf, für Rio de Janeiro reicht sie nicht.

Im Sommer nahm sich Lebherz zwei Monate frei

„Danach habe ich gemerkt, was ich mir zugemutet habe“, sagt Lebherz. Er hängt völlig erschöpft über der Bahnbegrenzung und schafft es mit Müh und Not aus dem Becken, wo ihn sofort ein Arzt des Schwimm-Verbands in Empfang nimmt. „Es hat eine halbe Stunde gedauert, bis ich wieder einigermaßen auf dem Damm war“, sagt Lebherz.

Das unglückliche Scheitern zu verarbeiten, dauert deutlich länger. Im Sommer nimmt sich Yannick Lebherz zwei Monate frei, erstmals seit Jahren steigt er wochenlang nicht ins Schwimmbecken. Er verlässt „die Tretmühle“, wie er sagt, und genießt es, abends den Wecker einfach mal nicht zu stellen. Die olympischen Schwimmwettbewerbe verfolgt er am Fernseher, für die Endläufe in den frühen Morgenstunden steht er meist nicht einmal auf und guckt höchstens zu, weil Emilia sowieso gerade wach ist. „Das war okay“, sagt Lebherz und spricht von „innerem Frieden“.

Neues Konzept, neue Motivation

Ganz aufhören mit Schwimmen kann er aber nicht, auch wenn Olympia in Tokio 2020 viele Monate und etliche Trainingskilometer entfernt liegt. Auch wenn sein Studium der Politologie und Publizistik an der FU Berlin viel Zeit kostet. Die ersten morgendlichen Trainingseinheiten absolviert er „mit großem Widerwillen“, erst nach einigen Wochen kommt die Motivation zurück. Grund dafür ist das neue Krafttrainingskonzept von Chef-Bundestrainer Henning Lambertz, der die deutschen Schwimmer mit schweren Gewichten im Kraftraum an die Weltspitze heranführen will. „Ich dachte mir: Das wäre doch was, um nochmal anzugreifen“, sagt Yannick Lebherz. „Ich möchte herausfinden, wie weit ich mit der Methode komme.“

Dieses Wochenende soll Lebherz in dieser Hinsicht erste Aufschlüsse liefern. In der Schwimmhalle an der Landsberger Allee, wo er im vergangenen Mai scheiterte, tritt er beim traditionellen Internationalen Schwimm-Meeting (ISM) an, bei dem Spitzenathleten aus 25 Nationen ihre Form zu Saisonbeginn testen. Die Planung von Yannick Lebherz ist erst einmal wieder auf die deutschen Meisterschaften ausgerichtet, Saisonhöhepunkt könnte die WM im August in Budapest werden. Und was ist mit Tokio 2020?

„Ganz ehrlich: Ich weiß es nicht“, sagt Lebherz. Ihm geht es erst einmal darum, sich zu verbessern, seine Bestzeiten zu attackieren. Im Training sieht er Fortschritte. „Das macht Laune“, sagt Yannick Lebherz, der vergangene Mai scheint schon weit entfernt.

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