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Jochen Schümann

© dpa

Segler Jochen Schümann: „Wir haben uns ausgeblutet“

Segler Jochen Schümann erklärt, warum er hierzulande das einzige Vorbild ist, wie er den Nachwuchs fördern will und wieso er nicht ans Aufhören denkt.

Herr Schümann, wie wäre es, mal wieder mit einer kleinen Yacht über den Müggelsee zu segeln?

Kein Problem, das würde mir viel Spaß machen. Dort habe ich einst mit zwölf Jahren im Optimist angefangen. Ich finde Binnenseen überhaupt nicht langweilig.

Das sagen Sie, der seit Jahren auf den Weltmeeren als Profi die größten Schiffe segelt und bei den bedeutendsten Regatten erfolgreich ist …

Das eine schließt doch das andere nicht aus. Ich fühle mich auch noch als Berliner, obwohl ich lange in Bayern gewohnt habe und derzeit in Valencia lebe. Wo es Arbeit für mich gibt, da gehe ich auch hin.

Sie waren gerade beim Med Cup in Marseille für das Audi-Team als Skipper dabei und segeln auch erfolgreich bei der Louis-Vuitton-Trophy in einem ehemaligen America’s-Cup-Boot. Spüren Sie Ihr Alter noch nicht?

Segeln ist zuallererst ein Handwerk. Ich betreibe das jetzt mit einem großen Erfahrungsschatz. Damit kann ich Vorteile der Jüngeren ausgleichen. Keine Sorge, ich bin auch körperlich noch gut drauf.

Sind Sie nach den viele großen Siegen immer noch hungrig nach Erfolgen?

Nur Mitsegeln gibt es bei mir nicht, ich will gewinnen. Außerdem sind große Events die Leuchttürme in unserem Sport, sie sind die Orientierung für den Nachwuchs.

Sind nicht Sie der Leuchtturm für den deutschen Segelnachwuchs und müssen deshalb möglichst noch lange aktiv bleiben?

Das weiß ich. Auch wenn es etwas überheblich klingt, aber es gibt keine anderen Gesichter im deutschen Segeln zum Orientieren.

Sie und der America’s Cup waren in den Schlagzeilen. Ist die geschichtsträchtigste Veranstaltung im Segeln aus deutscher Sicht erledigt?

Nein, das hoffe und glaube ich nicht. Leider hat der lange Streit zwischen den Teams BMW Oracle und Alinghi und damit die ungewisse Zukunft das Begonnene mit dem Team Germany wieder beendet. Aber wir segeln weiter hochklassig.

Zum Beispiel beim Med Cup auf dem Mittelmeer, wo Ihr Team Dritter geworden ist. Welche Wirkung erhoffen Sie sich von Ihren Einsätzen in Deutschland?

Dass junge Segler meinem Weg folgen – vom Opti zum Olympiasieg und dann zum erfolgreichen Profi.

Warum hat das bisher nicht geklappt?

Wir haben uns doch selbst ausgeblutet. Wo sind denn die einst erfolgreichen Segler geblieben? Die schlechten Rahmenbedingungen haben doch dazu geführt, dass sie lieber als Arzt, Anwalt oder Ingenieur Karriere gemacht haben, als ihre Erfahrungen weiterzugeben.

Wie wollen Sie das ändern?

Mit der Initiative Sailing Team Germany, in dem ich einer der Gesellschafter bin. Es geht um finanzielle Rahmenbedingungen, den Aufbau einer Nationalmannschaft und um die Schaffung einer Aufbruchstimmung mit Blick auf Olympia 2016 in Rio. Bei der gerade begonnenen Kieler Woche werden wir uns erstmals auch nach außen sichtbar präsentieren.

Wer sind Ihre Hauptunterstützer?

Audi unterstützt beispielsweise die olympische Mission im ersten Jahr mit rund einer Million Euro.

Ist Olympia 2012 in London kein Thema?

Schon, aber unser Ziel ist langfristig angelegt. Natürlich kam es uns zugute, dass gerade mit Johannes Polgar und Markus Koy aus Hamburg zwei Starbootsegler Europameister geworden sind. Auf einen solchen Titel haben wir lange warten müssen. Aber der Nachwuchs braucht Zeit. Julian Autenrieth ist als Weltmeister im Optimist bereits viel weiter, als ich es in diesem Alter war.

Das Gespräch führte Hartmut Moheit.

Jochen Schümann, 56, ist dreimaliger Olympiasieger und olympischer Silbermedaillengewinner im Segeln. Zweimal gewann Schümann, der aus Berlin stammt, den America’s Cup.

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