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Sport: Selbst ist der Mann

Nach Wochen in der Kritik verschafft sich Herthas Torhüter Maikel Aerts endlich ein Erfolgserlebnis

Berlin - Der Kapitän tat, was man von einem Kapitän erwarten darf: Er ging voran. Andre Mijatovic fand sich als erster Gratulant bei Maikel Aerts ein, nachdem der Torhüter von Hertha BSC gerade einen Elfmeter von Stefan Leitl gehalten und den Berliner Zweitligisten vor einem Rückstand bewahrt hatte. Zwei Minuten waren es noch bis zur Halbzeit, und einer beliebten Floskel aus der Welt des Fußballs zufolge handelt es sich in einem solchen Fall um einen psychologisch günstigen Moment. Selten hat diese Floskel besser gepasst. Es war vor allem für Maikel Aerts ein psychologisch günstiger Moment. „Für ihn hätte es mich gefreut, wenn wir zu null gespielt hätten“, sagte Herthas Trainer Markus Babbel nach dem 1:1 in Ingolstadt. „Er hat uns mehrfach gerettet.“

Die guten Wünsche kommen nicht von ungefähr. Aerts hat ein paar unangenehme Wochen hinter sich, in denen sich die gesamte öffentliche Kritik auf seine Person fokussiert hatte. Das war hart, aber der 34 Jahre alte Holländer ist daran nicht ganz unschuldig gewesen. Zuletzt machte Aerts nicht gerade den sichersten Eindruck, auch in Ingolstadt hatte er zunächst ein paar Wackler im Spiel, etwa als er bei einem Klärungsversuch mit dem Fuß völlig unbedrängt Andre Mijatovic anschoss. Die latente Unsicherheit zeigte sich auch an Kleinigkeiten. Vor einer Woche in Fürth zum Beispiel: Aerts eröffnete mit einem Pass auf die linke Seite den Angriff seiner Mannschaft. Doch anstatt sich als Anspielstation anzubieten, bewegte sich Aerts auf die Torlinie zurück, als wollte er sagen: Spielt mich bloß nicht an.

Die Frage ist, was zuerst da war: Aerts’ Unsicherheit oder die Kritik daran? „Natürlich hat es ihn getroffen“, hat Babbel bereits vor Wochen gesagt. „Maikel hat auch zarte Seiten an sich.“ Abgesehen von einem unglücklichen Fernsehinterview, in dem er einen Torwarttausch zumindest andeutete, hat Herthas Trainer den Holländer mit aller Macht geschützt. Seine Beurteilungen fielen schon übertrieben freundlich aus. Selbst nach dem Spiel in Fürth, in dem Aerts so gut wie gar nicht gefordert worden war, bescheinigte ihm Babbel „eine klasse Leistung“. Auch die Mitspieler haben sich klar pro Aerts positioniert. Weil sie die Kritik an ihm für übertrieben hielt, verhängte die Mannschaft als Ausdruck ihrer Solidarität sogar einen kollektiven Boykott gegen die Berliner Medien.

Doch so rührend die allgemeine Fürsorge gewesen sein mag – am Ende konnte sich Aerts nur selbst helfen. Und das tat er am Freitag. Dass er den Elfmeter von Leitl parierte, „das ist Gold wert“, sagte Herthas Ersatztorhüter Marco Sejna. „Es wird ihm eine Menge Selbstvertrauen geben, und das braucht er zurzeit.“ Wie sich ein Aerts mit Selbstvertrauen präsentiert, war dann nach der Pause zu sehen. Eine Viertelstunde vor dem Abpfiff wischte er einen Kopfball noch vor der Linie weg, den Moritz Hartmann aus nur fünf Metern gegen seine Laufrichtung platziert hatte, und in der Schlussminute hielt er einen Kopfball von Markus Karl.

„Das war mehr als ein ordentliches Spiel von ihm“, sagte Babbel über seinen Torhüter. „In den brenzligen Situationen war er einfach da.“ Und das war diesmal ganz sicher nicht übertrieben.

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