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Selbstmordversuch: Sascha Rabes fatale Erinnerungen

Der Fall des Eistänzers Sascha Rabe, der von Sportdirektor Dönsdorf sexuell belästigt worden sein soll, ist dramatisch wieder aktuell geworden: Rabe hat einen Selbstmordversuch unternommen.

Der Berliner Eiskunstläufer Sascha Rabe hat einen Selbstmordversuch unternommen. Der 23-Jährige hat versucht, sich mit einem Mix aus Tabletten und Alkohol umzubringen, er lag bis gestern auf der Intensivstation eines Berliner Krankenhauses. Hintergrund des Suizidversuchs ist nach Angaben seiner Anwältin Karla Vogt-Röller die Auseinandersetzung Rabes mit Udo Dönsdorf, dem Sportdirektor der Deutschen Eislauf-Union (DEU), und der DEU selber. Rabe wirft Dönsdorf sexuelle Belästigung vor. Dönsdorf bestreitet diesen Vorfall ganz energisch, er räumt lediglich „einen kurzen Kuss“ ein.

„Sascha Rabe ist mit der ganzen Situation nicht mehr klargekommen“, sagte Vogt-Röller dem Tagesspiegel. Während sie im Auftrag von Rabe darauf drängt, dass Dönsdorf zumindest suspendiert wird, ist der Sportdirektor unverändert im Amt. Und die DEU hat sich für unzuständig erklärt, weil der Vorfall, dessen Verlauf Rabe und Dönsdorf unterschiedlich beschreiben, in Dönsdorfs Freizeit stattgefunden habe.

Der Eistänzer Rabe hatte zuletzt intensiv in Berlin trainiert, erlitt allerdings nach Angaben von Vogt-Röller einen Kollaps, nachdem er Post von der DEU erhalten hatte. Eigentlich waren es die üblichen Formalien, die jeder Kaderathlet zugeschickt bekommt. Es geht um Anti-Doping-Bestimmungen, Medikamentenabfrage und anderes. In der Post war allerdings auch ein Formblatt, in dem Rabe unterschreiben sollte, dass er die DEU-Ärzte von ihrer ärztlichen Schweigepflicht entbinden sollte – unter anderem gegenüber dem Sportdirektor Dönsdorf. Ausgerechnet gegenüber jenem Mann also, der Rabe angeboten hatte, er werde dessen psychologische Behandlung bezahlen. „Als er das sah, hatte er einen Flashback, da kam alles wieder hoch in ihm“, sagte Vogt-Röller. Sie hatte den Eistänzer im Krankenhaus besucht.

Gefunden wurde Rabe in seiner Wohnung von seinem Bruder, der von Rabes Freund alarmiert worden war. Der Freund, der in der Schweiz wohnt, hatte mit dem Eistänzer telefoniert und sich über dessen auffällig melancholische Stimmung gewundert. Er befürchtete das Schlimmste und bat Rabes Bruder, nach dem Athleten zu sehen.

Falko Kirsten, der Obmann des Sächsischen Eislauf-Verbands, reagierte „entsetzt“ auf die Nachricht von dem Selbstmordversuch. Er gehört zu den Landesfunktionären, die seit Wochen dagegen kämpfen, dass die DEU den Fall Dönsdorf zu den Akten legt. „Jetzt muss man handeln“, sagte er dem Tagesspiegel, wurde allerdings nicht konkreter. Er will sich zuerst mit Frieder Dieck, dem Vize-Präsidenten des Landesverbands Nordrhein-Westfalen, absprechen. Möglich sei zum Beispiel, eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen, sagte Kirsten. Dazu benötigt er aber mindestens die Hälfte der Stimmen aller Landesverbände. Die reguläre DEU-Mitgliederversammlung „findet ja leider erst 2010 statt“ (Kirsten). Zu den Kritikern der DEU-Führung gehört auch Sissi Krick, die Obfrau des Bayerischen Verbands, die in einer internen Sitzung DEU-Präsident Dieter Hillebrand gefragt hatte: „Wie soll denn Herr Dönsdorf nach diesem Vorfall den Kaderathleten in die Augen schauen?“ Hillebrands Antwort, laut Kirsten: Schweigen.

Nach Einschätzung des sächsischen Funktionärs ist diese Frage aber derzeit gar nicht aktuell: „Herr Dönsdorf sitzt nur noch im Büro, er ist nach meinen Informationen bei den Sichtungen nicht mehr dabei.“ Dönsdorfs Anwalt war gestern nicht zu erreichen.

„Sascha Rabe hat das Gefühl, dass nichts passiert. Er fühlt sich allein gelassen und überfordert. Das Studium und das volle Training, das schafft er einfach nicht“, sagte Vogt-Röller. Sie hat DEU-Vizepräsident Uwe Harnos in einem Brief über den Selbstmordversuch unterrichtet. Harnos war gestern nicht zu erreichen.

Zudem hat die Anwältin inzwischen Dönsdorf auf Schadensersatz und Schmerzensgeld verklagt. Sie hatte auch die DEU vor mehreren Wochen zu einer Stellungnahme aufgefordert. Die DEU bat um Fristverlängerung bis 15. Mai, die ihr die Anwältin auch einräumte. Bis heute hat sich die DEU nicht gemeldet.

Aus Sicht von Harnos gibt es dazu aber auch keinen Grund. Die DEU sei nach den Schilderungen der Beteiligten zur Einschätzung gekommen, dass Dönsdorf bei seinem Termin in Berlin keine dienstlichen und privaten Dinge vermischt habe, hatte er schon früher erklärt. Der Verband hat allerdings nur Dönsdorf angehört. Von Rabe, sagte Harnos, habe man schriftliche Aussagen gehabt.

Doch damit gibt sich Obmann Kirsten nicht zufrieden. „Die Sache wird einfach ausgesessen“, sagte er. „Alles ist so verfahren, ich weiß gar nicht, weshalb wir überhaupt noch einen Sportdirektor brauchen.“

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