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WM-Qualifikation

© dpa

Seleção: Gezaudert, nicht gezaubert

Brasiliens Nationaltrainer Dunga steht in der Kritik – nicht nur weil seine Mannschaft in der WM-Qualifikation schlecht dasteht.

Das Stadion „Minerão“ in Belo Horizonte ist weitläufig. Zwischen dem Spielfeld und der Tribüne liegen eine Tartanbahn und auch noch ein paar Meter Rasen. Carlos Dunga war froh darüber, nachdem seine Mannschaft 0:0 gegen Argentinien gespielt hatte und damit in der Qualifikation für die Weltmeisterschaft weiter abrutschte. Denn die Fußballfans in Belo Horizonte gelten als fanatisch – und die meisten der gut 60 000 Zuschauer meinten es nicht gut mit dem brasilianischen Nationaltrainer. Dass er ein „burro“ sei, ein Esel, war eine der wenigen jugendfreien Beschimpfungen. Zu Hause ein Unentschieden gegen den Erzrivalen Argentinien, nur Platz fünf in der Qualifikation, das schmerzt. Mindestens genauso schlimm wie den Misserfolg finden viele Brasilianer allerdings den Fußball, den Carlos Dunga ihre Seleção spielen lässt. Das brasilianische Fußball-Oberhaupt Pelé schaltete sich deshalb schon vor dem Spiel gegen Argentinien Mitte Juni – und nach einer Niederlage gegen Paraguay – ein: „Wir waren erschrocken, ein brasilianisches Team so defensiv spielen zu sehen“, sagte er.

Dunga lässt Brasilien seit seinem Amtsantritt im Juli 2006 vor allem erfolgsorientiert spielen. Ohne die Stars Ronaldinho und Kaká erarbeitete er sich mit der Mannschaft so die Südamerikameisterschaft 2006. Obwohl Brasilien im Finale gar 3:0 über Argentinien siegte, verstummte die Kritik an Dunga auch damals nicht. Dieser konterte nach dem Triumph: „Ein Team, das siegt, braucht keine anderen Antworten.“

Jetzt kommt zu der vorsichtigen taktischen Ausrichtung des 44-Jährigen eben auch noch Misserfolg. „Das ist nicht mehr Brasilien“, schreibt ein Kritiker in der Tageszeitung „Estadão“ aus São Paulo. So richtig überzeugt haben die Brasilianer in der Qualifikation aber auch schon vor Dunga selten. Vor der Weltmeisterschaft 2002 sicherten sie sich die Teilnahme erst am letzten Spieltag. In der Qualifiaktion für Südafrika 2010 haben die Brasilianer noch zwölf Spiele vor sich, um den vierten Platz und damit die direkte Teilnahme zu schaffen. Und auch einige Kritiker halten sich nun, da es wirklich wichtig wird, wieder zurück. „Wir müssen jetzt Geduld haben und sollten dem Trainer etwas Zeit geben“, fordert Pelé.

Für Dunga geht es erst einmal mit den Olympischen Spielen in Peking weiter. In Brasilien wird der Fußball bei den Spielen sehr ernst genommen – gerade weil Brasilien darin noch nie die Goldmedaille geholt hat. 2000 wurde der damalige Trainer Vanderlei Luxemburgo wegen seines Scheiterns bei den Spielen gar gefeuert, obwohl er zuvor die Südamerikameisterschaft gewonnen hatte. So wie Dunga. Dunga aber bleibt trotzdem gelassen: „Ich fürchte nicht um meinen Job“, sagt er.

Ob Diego von Werder Bremen Trainer Dunga bei den Olympischen Spielen helfen kann, ist weiterhin unklar. Bremens Sportdirektor Klaus Allofs will seinen Spielmacher nämlich nicht freigeben. Diego aber sprach unlängst in einem brasilianischen Fernsehinterview von seinem großen Traum „in Peking eine Goldmedaille zu gewinnen“. Und Dunga hat schon häufiger erwähnt, wie wichtig Diego für ihn sei – es geht schließlich um seinen Job.

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