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Sport: Selten so gejubelt

Durch zwei Tore von Marcelinho siegt Hertha BSC 3:1 in Hannover und verlässt die Abstiegsränge

Hannover. Vermutlich war es die ungewohnte Form der Belastung gewesen, die die Verletzung ausgelöst hatte. Gabor Kiraly, der Torhüter von Hertha BSC, humpelte nach dem Spiel in Hannover vom Platz, an seiner rechten Wade trug er einen dicken Verband. Kiraly hatte bei Herthas 3:1-Sieg gar nicht gespielt, sondern auf der Bank gesessen. Die Verletzung hatte er sich irgendwann in der zweiten Halbzeit zugezogen. „Beim Jubeln hat er sich einen Muskelfaserriss geholt“, berichtete Herthas Trainer Hans Meyer. Die Erleichterung über den wichtigen Sieg war wahrscheinlich so groß gewesen, dass Kiraly jegliche Rücksicht auf die eigene Gesundheit vergessen hatte.

Man könnte zu Kiralys Entlastung einwenden, dass Herthas Spieler in dieser vermaledeiten Saison nur wenige Gelegenheiten gehabt haben, den verletzungsfreien Torjubel zu üben. 23-mal haben sie erst getroffen, und warum es noch nicht mehr Tore sind, war gestern auch wieder in Hannover zu sehen. „Wir haben es leider ein bisschen spannend gemacht“, sagte Herthas Manager Dieter Hoeneß.

Dabei hatte es zur Pause recht gut ausgesehen. Kurz vor der Halbzeit wurde Marcelinho im Mittelfeld nicht energisch angegriffen. Er schoss aus fast 25 Metern, und der Ball landete im Tor. „Ich habe lange nicht mehr so ein schönes Tor geschossen“, sagte der Brasilianer. Das liegt auch daran, dass Marcelinho schon lange überhaupt kein Tor mehr geschossen hat. Es war sein erstes in dieser Saison.

Doch nach dem 1:0 vergaben die Berliner etliche gute Möglichkeiten, den Vorsprung zu vergrößern. In der 51. Minute umspielte Giuseppe Reina Hannovers Torhüter Ziegler und schoss – am Tor vorbei. In der 64. Minute stand Fredi Bobic frei vor Ziegler – Bobic scheiterte. In der 67. Minute lief Hannovers Neuzugang Clint Mathis parallel zu Herthas Strafraum, fand keinen Kollegen, den er hätte anspielen können, schoss einfach aus knapp 18 Metern – und traf zum 1:1.

Doch Hertha ließ sich davon nicht beirren. Acht Minuten später eilte Reina zum zweiten Mal an Ziegler vorbei, diesmal flog der Ball aufs leere Tor, dann aber rutschte Hannovers Verteidiger Cherundolo heran und schabte den Ball gerade noch von der Linie. „Als erfahrener Mann weiß ich das: Von zehn Spielen dieser Art gewinnst du nur zwei“, sagte Herthas Trainer Meyer, 61 Jahre alt, angesichts der vielen vergebenen Chancen. „Heute war glücklicherweise eins von diesen zweien.“

Normalerweise könne das nur schief gehen, sagte auch Mittelfeldspieler Pal Dardai nach dem Spiel, „aber wir haben nicht aufgegeben“. Reina probierte es noch ein drittes Mal, diesmal mit Gegenspielern um sich herum und aus dem Gewühl, und diesmal traf er. Drei Minuten später gelang Marcelinho sogar noch das 3:1. „Das Wichtige war, dass wir das Risiko gesucht haben“, sagte Fredi Bobic. „Die Art, wie wir Fußball gespielt haben, war die richtige Antwort“, sagte Manager Hoeneß. Vor allem die richtige Antwort auf die desillusionierende Heimniederlage gegen Frankfurt vor einer Woche. Durch den Sieg in Hannover hat Hertha nicht nur die Abstiegsplätze verlassen; auch die Hoffnung ist ebenso schnell zurückgekehrt, wie sie vor einer Woche verschwunden war. „Ich habe das Gefühl, dass wir mit Niederlagen besser umgehen können als mit zwei Siegen hintereinander“, sagte Trainer Meyer.

Trotzdem bleibt die Situation weiter prekär. „Wir haben nur einen ganz kleinen Schritt gemacht“, sagte Verteidiger Arne Friedrich. Doch die Berliner vermerkten zumindest die Ausweitung der Abstiegskampfzone mit einer gewissen Genugtuung. „Jetzt haben wir Hannover ein bisschen reingezogen“, sagte Fredi Bobic. Seine alte Mannschaft liegt nur noch zwei Punkte vor den Berlinern. „Die anderen Mannschaften sind herzlich willkommen“, sagte Bobic.

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