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Power-Kniefall. Serena Williams zeigt beim Turnier in Stanford alte Stärke. Foto: AFP

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Serena Williams: Ihre Ära ist längst nicht beendet

Vor den US Open zeigt Serena Williams wieder ihr altes unerschütterliches Tennis. Und ist auf einmal Favoritin auf den nächsten Grand-Slam-Titel.

Berlin - Marion Bartoli zählt nicht zu den Spielerinnen, die gerne über die Qualitäten ihrer Gegnerinnen sprechen. Schon gar nicht, wenn sie gerade verloren hat. Dass die eigenwillige Französin in Stanford von ihrer Linie abwich, verlieh ihren Worten umso größeres Gewicht. „Für mich ist Serena Williams klare Favoritin bei den US Open“, sagte Bartoli, „sie hat seit Wimbledon alles verbessert und in sechs Wochen wird sie noch stärker sein.“ Marion Bartoli muss es wissen.

Am vergangenen Wochenende hat sie bei ihrer 5:7 und 1:6-Finalpleite in Stanford gegen Serena Williams kaum eine Chance gehabt. Das war im Achtelfinale von Wimbledon noch anders gewesen. Da hatte die Nummer neun der Welt Serena Williams noch glatt bezwungen, als diese nach fast einjähriger Abstinenz Anfang Juni auf die Tour zurückgekehrt war.

Damals war die 29 Jahre alte US-Amerikanerin japsend über den Rasen des All England Clubs gehechelt, sagte zudem, ihr Aufschlag habe leider „gerade irgendwo Urlaub gemacht“. Doch nach ihrem erst dritten Turnier steht Serena Williams bereits wieder als Siegerin da, als die gefürchtete Spielerin, die das Frauentennis im letzten Jahrzehnt so dominiert hat. „Mein Hunger ist immer noch da“, sagte Serena Williams, „aber er ist anders geworden: Ich fühle mich erleichtert und dankbar.“ Es hatte zahlreiche Verletzungen und Rückschläge in ihrem Leben gegeben, doch Serena Williams war stets mit neuer Kraft zurückgekommen.

Es waren nicht gerade Lappalien, die Serena Williams vom Tennisspielen abhielten. Neben einer ominösen Fußverletzung erlitt sie neben einigen anderen Krankheiten auch eine Lungenembolie, die nach ihrer Aussage lebensbedrohlich gewesen sei. „Ich lag bildlich gesprochen auf dem Sterbebett meiner Karriere und meines Lebens“, ließ Serena Williams in Wimbledon wissen. So recht weiß man bei ihr nie, wo die Effekthascherei aufhört und die Realität beginnt, doch dass sie ernsthaft krank war, bezweifelt niemand. Schier unglaublich scheint es daher, wie schnell die 13-malige Grand-Slam-Siegerin ihre Spielstärke zurückerlangte. „Serena kann sich von einem Tag auf den nächsten verbessern“, sagte Bartoli.

Nicht nur diese Fähigkeit macht Serena Williams zu einem Phänomen. Zu verlieren behagte ihr nie. Wenn sie den Platz betritt, ist sie überzeugt, dass es keine bessere Spielerin als sie gibt. Selbst, wenn die Gegnerin schon einen Matchball hat. Zweifel existieren für sie innerhalb der weißen Linien nicht. Ihr Siegeswille machte sie zur Nummer eins der Welt, ein Platz, den sie von Caroline Wozniacki zurückerobern will. Die Dänin vermochte in den letzten zehn Monaten in der Rolle der Weltbesten nicht zu überzeugen. Dass sie immer noch keinen Grand-Slam-Titel vorweisen kann, verstärkt das Machtvakuum an der Spitze nur.

Serena Williams’ Auftritt lässt die Kritiker verstummen, die ihre Ära für beendet erklärt hatten. Unter anderem fegte sie die Wimbledon-Halbfinalistinnen Maria Scharapowa und Sabine Lisicki vom Platz, als seien sie nur Sparringspartnerinnen gewesen. Serena Williams wirkt wesentlich austrainierter, ihre Gewichtsschwankungen bleiben wohl ihr einziges Problem. Ist sie fit, gibt es niemanden, der ihr ebenbürtig ist. Schon gar nicht auf ihrem geliebten Hartplatz. Dreimal hat sie in New York gewonnen, zuletzt vor drei Jahren. Und auch dieses Mal geht sie als eine der Titelanwärterinnen ins Rennen, egal wo die Weltrangliste sie einstuft (zurzeit auf Rang 79). Serena Williams sagt über die am 29. August beginnenden US Open: „Ich ordne mich erstmal ganz unten ein, ich werde die gleiche Chance haben wie alle anderen auch.“ Wenn sie das tatsächlich glauben sollte, ist sie die Einzige.

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