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Serie A: Toni erobert Rom

Die Wut auf den FC Bayern München verhilft dem ausgeliehenen Stürmer zu einem furiosen Start in Italien.

Es bedurfte zweier Anläufe. Den zweiten aber nutzte Luca Toni. Beim 1:0-Heimsieg seines neuen Vereins AS Rom gegen Chievo Verona spielte sich der vom FC Bayern München ausgeliehene Mittelstürmer von der ersten Spielminute an in die Herzen seiner neuen Fans. Zwar mussten die Tifosi des AS Rom noch auf den skurrilen Ohrschrauber verzichten, den der Angreifer nach Toren so gern ansetzt – nach zwei Pflichtspielen und ziemlich exakt 90 Minuten Einsatzzeit steht er noch bei null Treffern. Doch bei seiner ersten von Beginn an absolvierten Partie für die Römer errang der Neuzugang mit der Nummer 30 mit einer kämpferisch und auch spielerisch bemerkenswerten Leistung die Liebe seines neuen Umfelds. Als einzige vorgeschobene Spitze seiner seit der elften Minute wegen eines Platzverweises reduzierten Mannschaft rettete Luca Toni den knappen Sieg seines Teams.

Toni ackerte, als ginge es um seinen ersten Profivertrag. „Was für ein Toni!“, titelte der „Corriere dello Sport“ am Sonntag. Der Weltmeister von 2006 hetzte jedem Ball nach, der nach vorn geschlagen wurde und behauptete ihn auch gegen eine Übermacht von vier, fünf Gegenspielern. Der eher grobmotorische Kraftprotz offenbarte sogar bislang unbekannte Dribbelqualitäten. Die verblüfften Veroneser Verteidiger wussten sich nur mit Fouls zu helfen – und wurden bereits in der ersten Halbzeit mit drei Gelben Karten gestraft.

Den ersten Teil seines Auftrags hatte Toni damit erfüllt. Vor der Begegnung gegen Chievo hatte der Stürmer Roms verletzten Kapitän Francesco Totti am Krankenbett besucht. Der hatte ihn aufgefordert, wenigstens einige Tritte auf sich zu nehmen. Pflichtgetreu zog Toni wie ein Magnet die Fouls auf sich, schimpfte und gestikulierte deswegen auch, stürzte sich dann aber so leidenschaftlich in den nächsten Zweikampf, dass Trainer Claudio Ranieri ihm aus Sorge um die körperliche Unversehrtheit mäßigende Worte zurief.

Bremsen ließ sich Toni nicht. Die ganze Wut, die sich im vergangenen Halbjahr in München angesammelt hatte, wollte offenbar heraus. „Ich bin geladen“, hatte er verkündet. Hämische Abschiedsworte wie Mark van Bommels Bemerkung, dass Tonis Weggang besser für den Spieler selbst, aber auch besser für die Bayern sei, hatten ihn wohl zusätzlich motiviert. „Ich bin müde, aber überglücklich“, sagte Toni nach dem Spiel.

Den zweiten, wichtigeren Teil seines Auftrags, nämlich Tore zu schießen, erfüllte er ebenfalls, wenn auch indirekt. Zwar rutschte er an einer scharfen Hereingabe vorbei und ging somit selbst torlos aus. Aber bereits in der ersten Minute sperrte Toni – durchaus sanktionswürdig – bei einem Eckball den Weg frei für Daniele de Rossi, der per Kopf das 1:0 erzielte. Und in der zweiten Halbzeit holte er noch einen Foulelfmeter heraus, den David Pizzarro allerdings vergab. Zehn Minuten vor Spielschluss wurde der schwer atmende Mittelstürmer schließlich vom Platz genommen. Trainer Ranieri hatte dem 33-Jährigen zuvor nur 70 Minuten Spielfähigkeit attestiert.

Die Unterzahl auf dem Platz hat die besten Seiten des Luca Toni zum Vorschein gebracht. Der sieht sich nun ganz in den Fußstapfen des legendären Gabriel Batistuta, der den AS Rom 2001 zum Meistertitel geschossen hatte. „Beim AC Florenz habe ich seinen Torrekord gebrochen, warten wir mal ab, was beim AS Rom passiert“, kündigte Toni selbstbewusst an. Die alten WM-Kumpel Totti, De Rossi und Simone Perrotta sind jedenfalls überzeugt, dass sie mit Toni zur großen Aufholjagd ansetzen können. Wenn der außer dem Zorn auf die Münchner noch eine andere, dauerhafte Motivationsquelle findet, könnten die Gelb-Roten tatsächlich noch in den Titelkampf zurückkehren.

Um zur WM zu gelangen, muss sich Toni aber gegen die von der Spielanlage her ähnlichen Marco Borriello (AC Mailand) und Giampaolo Pazzini (Sampdoria Genua) durchsetzen und den Italobrasilianer Amauri (Juventus Turin) auf Abstand halten. Dann wird man den berühmten Ohrschrauber auch international vielleicht bald wieder zu Gesicht bekommen.

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