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Sport: Sex und Geld und indirekter Freistoß

Wenn man Ihsan Türe glauben kann, ist die internationale Fußball-Szene das reinste Sodom und Gomorrha: Dass Schiedsrichter mit teuren Geschenken und den Liebesdiensten von Prostituierten bestochen werden, ist demnach nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Der Türke Ihsan Türe war selbst fast 30 Jahre lang Schiedsrichter und auch im internationalen Spielbetrieb aktiv.

Wenn man Ihsan Türe glauben kann, ist die internationale Fußball-Szene das reinste Sodom und Gomorrha: Dass Schiedsrichter mit teuren Geschenken und den Liebesdiensten von Prostituierten bestochen werden, ist demnach nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Der Türke Ihsan Türe war selbst fast 30 Jahre lang Schiedsrichter und auch im internationalen Spielbetrieb aktiv. Jetzt hat Türe in der Istanbuler Tageszeitung "Milliyet" mit der Veröffentlichung seiner Memoiren begonnen und ein Erdbeben ausgelöst.

"Die Bestechung von Schiedsrichtern ist seit Jahren gängige Praxis bei Fußballspielen überall auf der Welt", schreibt Türe, der von 1966 bis 1993 Schiedsrichter war. In seinen Erinnerungen nennt er einige extreme Beispiele für die nach seiner Darstellung ganz alltägliche Fußball-Korruption. So hätten ihm rumänische Funktionäre vor einem A-Jugend-Länderspiel zwischen Rumänien und Spanien, das er leiten sollte, sieben junge Damen zugeführt, die schon bei der ersten Begegnung außer einem Schiedsrichter-Trikot nichts am Leibe trugen.

Mindestens 50 manipulierte Spiele habe er in seiner Laufbahn geleitet, den meisten Verführungen will er widerstanden haben. Aber nicht allen: Vor einem Uefa-Cup-Spiel zwischen einem Mailänder Klub - welcher das war, verrät Türe nicht - und Betis Sevilla wurden Türe und seine türkischen Linienrichter zunächst von den italienischen Klub-Funktionären in einem Gourmet-Restaurant verwöhnt. Außerdem füllten die Italiener den Türken die Koffer: "Die gaben uns so viele Kleider, dass unsere Familien für ein paar Jahre genug hatten", erinnert sich Türe. Die Mailänder schieden dann trotz der teuren Auslagen aus.

Türe klärt die türkischen Zeitungsleser nicht nur über die eigenen Abenteuer auf. So berichtet er von dem italienischen Kollegen Rosario Lobello, mit dem er sich vor einer internationalen Begegnung des türkischen Rekordmeisters Galatasaray Istanbul mit einer rumänischen Mannschaft in Istanbul traf. Lobello habe sich dabei sehr erfreut über die teuren Armbanduhren gezeigt, die er und seine Kollegen in ihren Hotelzimmern vorgefunden hätten; der italienische Schiedsrichter habe aber noch ein Anliegen gehabt: "Heute Nacht muss ich mit einer türkischen Schönheit ins Bett gehen." Der Wunsch wurde erfüllt, schreibt Türe. Lobello habe anschließend brav seine Schuldigkeit getan und im Spiel zwei rumänische Spieler vom Platz gestellt. Auch in diesem Fall zahlte sich die Bestechung aber nicht aus: Galatasaray verlor auf eigenem Platz. Lobello will Türes Vorwürfe nicht auf sich sitzen lassen und hat rechtliche Schritte gegen den ehemaligen Kollegen angekündigt. In der internationalen Sportpresse wird angesichts der Enthüllungen über eine Untersuchung durch den Weltverband Fifa spekuliert, zumal Türe auch von regelwidrigen Absprachen gegnerischer Vereine berichtet, bei denen die Schiedsrichter nur Helfershelfer waren.

So aufregend Türes Enthüllungen auch sind - sie überraschen in der Türkei kaum jemanden. Die türkische Fußball-Szene wurde erst in den vergangenen Wochen von einem Wett-Skandal erschüttert, bei dem die Schiedsrichter ebenfalls eine unrühmliche Rolle spielten. Eine kriminelle Bande unter Führung des inzwischen in Deutschland festgenommenen Mafioso Ali Fevzi Bir soll Schiedsrichter mit Sex und Geld bestochen haben, um in Wettbüros abkassieren zu können. Die Istanbuler Staatsanwaltschaft erhob in dieser Woche Anklage gegen den mutmaßlichen Bandenchef Bir und zehn seiner Komplizen. Auch zwei Schiedsrichter sind darunter.

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