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Sexismus-Vorwürfe gegen Formel-1-Weltmeister Hamilton: Wie sich Frauen als Hostessen selbst diskriminieren

War Lewis Hamiltons Champagnerdusche für eine Hostess sexistisch? Nicht per se. Der Beruf der Hostess ist es schon eher. Ein Kommentar

Von Christian Hönicke

Ein Mann spritzt einer Frau Champagner an die Schläfe – sie verzieht das Gesicht. Sexismus, finden viele Menschen, auch bei Twitter. Unter dem Hashtag #violenceagainstwomen wird die Aktion des Formel-1-Weltmeisters Lewis Hamilton auf dem Siegerpodest in China als frauenfeindlich und einer Ejakulation gleich angeprangert. Der Motorsport generell stelle Frauen "unnötigerweise als sexualisierte Objekte dar", sagte Roz Hardie von der Anti-Sexismus-Organisation "Object" der "Daily Mail".

Letzteres ist richtig. Nicht nur im Motorsport, etwa auch im Boxen, im Radsport oder auch bei der Überreichung von WM-Medaillen im Fußball, werden Frauen gern auf die Rolle der ewig lächelnden, schmückenden Dienerin des Mannes reduziert.

Die Aufregung im konkreten Fall ist allerdings heuchlerisch. Hamiltons Aktion war nicht per se sexistisch. Aus der gleichen Sequenz gibt es Fotos, wie Hamilton Rosberg ins Gesicht spritzt, Vettel Hamilton und Rosberg Hamilton – jeder von ihnen verzieht sein Gesicht dabei, wie es jeder tun würde, der Champagner ins Gesicht bekommt. Die Regel ist: Wer auf dem Siegerpodest steht, wird nass gemacht, ob Fahrer, Teamchef, Prominenter oder Hostess. Die Menschen, die auf dem Podest stehen, sind Teil des Geschäfts, sie werden dafür bezahlt. Sie wissen, worauf sie sich einlassen.

Auch die Frauen. Sie sind häufig sogar Studentinnen oder Akademikerinnen, die ihr Handeln durchaus reflektieren können müssten. Wenn sie das Geld nehmen und in die knappen Outfits schlüpfen, akzeptieren sie nicht nur ihre Reduzierung aufs Äußerliche. Sie geben damit freiwillig auch eine gewisse Selbstbestimmung auf, weil sie eben keine Akteure, sondern im weitesten Sinne tatsächlich Objekte sind. Die wirklich interessante Frage ist also nicht, ob Hamilton sexistisch handelte. Sondern warum überhaupt eine Frau ihm die Möglichkeit einräumte, ihr auf dem Podest einer Sportart, die sie nicht ausübt, ins Gesicht zu spritzen. Die  Langstreckenmeisterschaft WEC hat nun die Konsequenzen daraus gezogen und zumindest die Grid Girls abgeschafft, meist leicht bekleidete Frauen, die die Startnummern der Piloten über die Piste stöckeln. Das sei nicht mehr zeitgemäß.

Das stimmt, generell. Verwunderlich ist allerdings, dass der unzeitgemäße Beruf der Hostess immer noch so beliebt ist, im Sport, aber auch in der Wirtschaft, auf Konferenzen, im Modegeschäft – und ja, auch in der Politik. Die profitable Präsentation der Frauen als Schmuckobjekte verdient eine genauere Betrachtung. Und auch die Frage, welchen Anteil daran sie selbst haben.

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