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Sport: Sie lieben sich alle

Die deutschen Volleyball-Fans bejubeln ein tolles EM-Finale zwischen Italien und Frankreich

Von Karsten Doneck, dpa

Berlin. Ein Reporter, das Mikrofon wie eine Waffe in der Hand, hatte sich gleich nach dem letzten Ballwechsel ganz nah an den italienischen Trainer herangepirscht. Doch Gian Paolo Montali verspürte noch keine Lust auf Interviews, ihm stand der Sinn vielmehr nach anderem. Also zweckentfremdete Montali kurzerhand die Wasserflasche, die er da in den Händen hielt, und spritzte mit dem kohlesäurehaltigen Nass den Reporter samt dessen Mikrofon voll. Auf dem Spielfeld der Max-Schmeling-Halle bildeten sich schnell ein paar Pfützen, weil die italienischen Spieler nach dem Vorbild ihres Trainers bei den Wasserspielen mitmischten. Italien feierte den Gewinn der Volleyball-Europameisterschaft: 3:2 hatte das Team im Finale in Berlin die Franzosen bezwungen.

Vielen der 8000 Zuschauer stand bei den furiosen Ballwechseln vor Staunen der Mund offen. Besonders der zweite Satz, den die Franzosen 42:40 für sich entschieden, war besser, als es jeder noch zu drehende Werbespot für diese Sportart je sein kann. Italien gegen Frankreich – das war die hohe Schule der Volleyball-Kunst und krönender Abschluss einer gelungenen EM.

Dass im Endspiel Italiener und Franzosen die Bälle übers Netz prügelten, wertete letztlich auch noch das Abschneiden der deutschen Mannschaft bei dieser EM auf. Die Auswahl von Bundestrainer Stelian Moculescu hatte vor dem Finale mit dem 3:1-Sieg über Spanien einen versöhnlichen Abschluss gefeiert und war Siebenter geworden. Nur Siebenter? Es gilt dabei zu berücksichtigen, dass Deutschland in den Gruppenspielen zuvor in fünf Spielen nur zwei Niederlagen kassiert hat – die erste gegen Frankreich, die zweite gegen Italien, gegen die beiden Endspiel-Kontrahenten also. Nur dadurch wurde Moculescus Spielern der Weg zu den Medaillen verbaut. „Meine Mannschaft hat für das Ansehen des Volleyballs eine Menge getan, sie hat eine wunderbare EM gespielt“, sagte Stelian Moculescu. „Diese Jungs sind keine Verlierer", stellte auch Werner von Moltke fest, der Präsident des Deutschen Volleyball-Verbandes. Ohne die wegen Verletzungen ausgefallenen Leistungsträger Stefan Hübner und Björn Andrae war den Deutschen eigentlich nur eine Statististenrolle bei dieser EM zugetraut worden. Aber viel fehlte nicht, und sie hätten solchen Widrigkeiten zum Trotz in den Kampf um die Medaillen eingegriffen. Entscheidend war, dass die Vorrunden-Partie gegen Frankreich in Leipzig bei einer 1:0-Satzführung und 23:21 im zweiten Satz noch aus der Hand gegeben wurde.

So haben Deutschlands Volleyballer zwar mit ihrem Abschneiden die direkte Qualifikation für die nächste EM im Jahre 2005 verpasst – dazu hätten sie mindestens Sechste werden müssen – , aber die Titelkämpfe lassen auf bessere Zeiten hoffen.

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