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Sieg für Holland: Weltmeister Italien verliert 0:3 - nach einem umstrittenen ersten Tor

Der Weltmeister hat sein erstes Spiel bei dieser EM verloren. 0:3 unterlag Italien gegen Holland. Das 1:0 fiel nach einer umstrittenen Entscheidung des Schiedsrichters. Er berief sich auf eine Regel, die kaum jemand kennt und deren Auslegung schwierig ist.

Der holländische Sieg vor 30000 Zuschauern im Berner Wankdorfstadion war verdient, auch wenn er durch ein Tor eingeleitet wurde, an dessen Anerkennung selbst die holländischen Spieler Zweifel zu haben schienen. Wesley Sneijder drosch den Ball in den italienischen Strafraum, fünf Meter vor dem Tor lauerte Ruud van Nistelrooy – klar allein vor Torwart Gianluigi Buffon, nach Regelauslegung von Schiedsrichter Peter Fröjfeldt aber trotzdem nicht im Abseits. Nistelrooy lenkte den Ball ins Tor, schaute irritiert zum Schiedsrichter und jubelte dann vorsichtig. Fröjfeldt gab den Treffer. Warum? Der Italiener Christian Panucci lag während des entscheidenden Passes hinter der Grundlinie und hob nach Meinung des Schiedsrichters damit das Abseits auf.

Die entsprechende Regel lautet so: "Begibt sich ein verteidigender Spieler hinter die eigene Torlinie, um einen Gegner abseits zu stellen, lässt der Schiedsrichter das Spiel weiterlaufen und verwarnt den verteidigenden Spieler bei der nächsten Spielunterbrechung, weil er das Spielfeld ohne Erlaubnis des Schiedsrichters absichtlich verlassen hat." Panucci aber war zuvor von Torwart Buffon ins Aus befördert worden. Eine knifflige Situation, die die Italiener ärgerte. Luca Toni äußerte seinen Unmut am lautesten. Der Bundesliga-Profi vom FC Bayern München sah daraufhin die Gelbe Karte. Italiens Trainer Roberto Donadoni wollte die Niederlage später nicht entschuldigen, kritisierte aber die Schiedsrichterentscheidung. "Ich will nicht lange über das erste Tor debattieren", sagte Donadoni. "Ich glaube aber, das war ziemlich deutliches Abseits."

DFB-Schiedsrichtersprecher Manfred Amerell unterstützte auf Nachfrage Fröjfeldt. Amerell sagte dem Tagesspiegel: "Ein Abwehrspieler kann einen Angreifer nicht abseits stellen, nur weil er sich hinter der Torlinie befindet. In diesem Fall lag der Spieler unabsichtlich hinter der Linie und wird deshalb auch nicht verwarnt, wie es von der Regel im Absichtsfalle verlangt wird. Dennoch ist er Teil des Spiels und hebt damit eine Abseitsstellung auf.“

Hatten die Holländer anfangs noch ein wenig Probleme gehabt, die gut stehenden Italiener zu überlisten, so gelang ihnen fortan immer mehr. Mit ein paar Pässen zerstörten sie die italienische Ordnung. Rafael van der Vaart bediente fünf Minuten später Giovanni van Bronckhorst, der spielte auf Dirk Kuyt, ein Kopfball später landete der Ball auf dem Fuß von Sneijder und von dort aus volley im Tor von Buffon. Die holländische Führung hätte schnell noch klarer ausfallen können, allein von Nistelrooy hatte zwei weitere gute Chancen, nachdem er locker durch die wackelige italienische Vierer-Abwehrkette gelaufen war.

Die Italiener stellten daraufhin ihr doch recht zaghaftes Spiel nur sehr mühsam um. "Mein Team ist gelassen, aber hochmotiviert“, hatte ihr Trainer Roberto Donadoni vorher gesagt. Gelassen war sein Team schon. Aber motiviert? Die Italiener verstärkten zwar nach der Einwechslung von Alessandro del Piero ihre Bemühungen – aber ohne Erfolg. Die Holländer verteidigten geschickt und konnten ihren Vorsprung sogar nach einem Konter noch ausbauen. Van Bronckhorst traf zum 3:0. "Wir haben Tore kassiert und waren ziemlich naiv dabei", sagte Donadoni nach dem Spiel. "Wir müssen diese Niederlage akzeptieren. Wir habe noch zwei Spiele und an die müssen wir denken." In der wohl schwierigsten EM-Gruppe muss Italien noch gegen Rumänien und in einer Neuflage des WM-Finales von 2006 gegen Frankreich antreten.

"3:0 zu gewinnen gegen Italien, mit so viel Erfahrung und so viel Qualität - das haben wir nicht erwartet", sagte Hollands Trainer Marco van Basten. "Es war wirklich eine gute Teamleistung. Wenn wir so auftreten, haben wir auch viel fußballerische Qualität. Dann können wir weitere schöne Spiele machen. Wir haben aber nur ein Spiel gespielt und auch ein bisschen Glück gehabt." Das klang fast ein bisschen bescheiden. Seine Mannschaft hatte in ihrem ersten EM-Spiel schönen Angriffsfußball geboten und zu Recht gewonnen.

Kleine Regelkunde: Abseits oder nicht?

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