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Naomi Osaka mit der Trophäe nach ihrem Sieg in Melbourne.

© Jewel Samad/AFP

Sieg im Finale gegen Petra Kvitova: Naomi Osaka gewinnt Australian Open und wird Nummer eins

In einem spannenden Finale setzt sich Naomi Osaka gegen Petra Kvitova durch und feiert damit ihren zweiten Triumph nacheinander bei einem Grand-Slam-Turnier.

Dieses Mal buhte niemand. Keiner pfiff sie aus. Als der Return von Petra Kvitova weit ins Aus gesegelt war, da brandete in der Rod-Laver-Arena so frenetischer Jubel auf, wie ihn sich Naomi Osaka sicherlich schon vor fünf Monaten im Arthur-Ashe-Stadium von New York gewünscht hätte. Da gewann die inzwischen 21 Jahre alte Japanerin den ersten Grand-Slam-Titel ihrer jungen Karriere. Doch ihre damalige Gegnerin Serena Williams zerstörte ihr diesen wichtigen Moment, als diese während der Partie völlig die Fassung verlor und sich wüste Schimpftiraden mit dem Schiedsrichter lieferte. Williams hatte ihr New Yorker Heimpublikum derart aufgestachelt, dass die 24 000 Zuschauer während der Siegerehrung wütend pfiffen. Osaka liefen damals die Tränen übers Gesicht, und sie entschuldigte sich tatsächlich dafür, dass sie gewonnen hatte.

Dabei wäre Williams in der Bringschuld gewesen, doch die 37 Jahre alte US-Amerikanerin zeigt bis heute keinerlei Reue. Als Osaka dann am Samstag nach zweieinhalb Stunden Schwerstarbeit an der Grundlinie in die Hocke sank und den Kopf neigte, da schienen das begeisterte Johlen und der tosende Applaus des Melbourner Publikums eine Art Wiedergutmachung für sie zu sein. Dieses Mal gab es kein Drama, keine Debatten – es gab nur den verdienten 7:6, 5:7 und 6:4-Sieg von Naomi Osaka, ohne Wenn und Aber.

Und da stand sie nun mit dem Daphne-Ackhurst-Memorial-Cup in ihren Händen, sprachlos und unsicher. Kein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Die junge Japanerin, die gerade Tennisgeschichte geschrieben hatte. Naomi Osaka, die eben noch so furchtlos und unbeeindruckt gespielt hatte, mit Wucht und Köpfchen. Die nun als erste Spielerin seit Jennifer Capriati im Jahr 2001 ihrem ersten Grand-Slam-Sieg sofort beim nächsten Turnier den zweiten Titel folgen ließ. Vor einem Jahr war Osaka noch die Nummer 72 der Weltrangliste. Ab Montag wird sie erstmals die Nummer eins sein – nie zuvor ist das einem Tennisprofi aus Asien gelungen. Geboren wurde Osaka in der Stadt Osaka, die Mutter ist Japanerin, der Vater Haitianer.

Osaka vergab im zweiten Satz beim Stand von 5:3 drei Matchbälle

Als Osaka drei Jahre alt war, zog sie mit ihren Eltern in die Vereinigten Staaten und lebt seither in Fort Lauderdale in Florida. Ihr Japanisch ist eher bemüht, dennoch tritt sie stolz für Japan an. Und nun hat sie es allen gezeigt. Der Sieg bei den US Open war kein einmaliger Ausrutscher, er war der Auftakt einer sehr vielversprechenden Karriere. Was konnte sie zu alldem bloß sagen? Osaka wirkte wie in Trance.

„Öffentlich reden ist nicht wirklich meine Stärke“, hauchte sie schüchtern ins Mikrofon, „ich hatte mir vorher Notizen gemacht, aber jetzt habe ich alles vergessen.“ Osaka hat etwas Erfrischendes, ist charmant, clever und witzig. Doch sie gestand später ein: „Bei der Siegerehrung war ich irgendwie im Schockzustand. Ich habe immer noch nicht begriffen, was ich geschafft habe.“ Es war ein intensives Finale gewesen und eines, bei dem man beiden Kontrahentinnen den Sieg gegönnt hätte. Kvitova hatte vor zweieinhalb Jahren in ihrer Wohnung einen Einbrecher überrascht, der ihr die Schlaghand zerschnitt, als sie sich verteidigte. „Ich wusste nicht, ob ich den Schläger je wieder halten könnte“, sagte die 28 Jahre alte Tschechin unter Tränen, und das Melbourner Publikum hüllte sie in warmen, tröstenden Applaus. So oder so war es ein fantastisches Comeback für Kvitova, dem nur das allerletzte i-Tüpfelchen zum Happy-End fehlte.

Und fast hätte es mit Kvitovas drittem Major-Titel auch geklappt, denn als Osaka beim Stand von 5:3 im zweiten Satz drei Matchbälle vergab, schien die Partie zu kippen. „In dem Moment war ich sehr enttäuscht“, sagte die Japanerin, die danach mit Tränen in den Augen zur Toilettenpause ging, „aber dann sagte ich mir: ,Du kannst es nicht mehr ändern, du kannst jetzt nur weiterkämpfen.’“ Sie tat es, und ihr kam dabei zugute, dass Kvitova ein paar Fehler zu viel unterliefen.

Osaka war nur kurz eingeknickt, aber wieder aufgestanden. Für ihr Alter bringt sie bereits alle Qualitäten eines Champions mit. Zu verdanken hat sie das auch ihrem Trainer Sascha Bajin, der früher Sparringspartner von Serena Williams gewesen ist. Er brachte vor einem Jahr Konstanz und Variation in ihr Spiel und sorgt dafür, dass Osaka bei allem Trubel um ihre Person bei sich bleibt. „Es gibt viele Spieler, die sagen, dass sie es wollen“, erklärte Bajin, „aber Naomi will es wirklich.“ Bei den Australian-Open hat sie das zweifellos bewiesen.

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