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Sport: Sieg und Frieden

Hertha BSC vermisst die Geschlossenheit der Vorrunde – eine Aufgabe für den Trainer. Doch Götz ist kein Psychologe

Berlin - „Theater, Theater“, brüllt Falko Götz laut über den Trainingsplatz. Der Trainer des Fußball-Bundesligisten Hertha BSC hat sich zum Ende des Trainings sechs Stammspieler geschnappt, sie sollen sich „in den Strafraum beißen“. Götz erzählt gerne, dass er die Sprache der Spieler spreche. Doch es mehren sich die Zweifel, ob die Spieler ihn auch verstehen. Hertha steckt zum ersten Mal in dieser Saison in einer kleinen Krise: ein Punkt aus den vergangenen vier Bundesligaspielen, Hertha ist nur noch Siebter.

Das Spiel beim Tabellenletzten Borussia Mönchengladbach am heutigen Samstag ist ein wichtiges für den Klub – und für den Trainer. Auch wenn seine Position noch lange nicht infrage gestellt wird: Die Geschlossenheit, die seit der 0:5-Niederlage in Hannover fehlt, ist die zentrale Aufgabe eines Trainers. Das Klima bei Hertha BSC ist zum Frühlingsbeginn schlechter geworden.

„Die Mannschaft ist keine Einheit mehr“, sagt Manager Dieter Hoeneß. Ältere, wie der 29 Jahre alte Josip Simunic, scheinen ein Eigenleben im Team zu führen. Als Kotrainer Andreas Thom nach einer Stunde Training ruft: „Wer gehen will, kann gehen“, marschiert Simunic als Einziger schnurstracks in die Kabine. Auch Spielmacher Yildiray Bastürk, der seine Vertragsverlängerung immer weiter hinauszögert, bringt intern Unruhe. Traut der Dauerverletzte den anderen nicht genug sportlichen Erfolg zu?

Einzelne junge Spieler monieren, sie vermissten beim Trainer eine persönliche Ebene. Ashkan Dejagah und Christopher Samba hatten ihre Wechsel damit begründet, der Trainer habe sich zu wenig um sie gekümmert. Ein harter Vorwurf an den ehemaligen Jugendkoordinator, der gerne mit jungen Spielern zusammen arbeitet. Spieler wie Patrick Ebert und Kevin-Prince Boateng kennt er, seitdem sie 13, 14 Jahre alt sind.

Zu Beginn der Woche wirkt Götz sehr angespannt. Auf Fragen nach Einsatzchancen von Andreas Schmidt und Christopher Schorch antwortet er schroff: „Soll ich jeden Spieler im Kader aufzählen?“ Er habe nie vorab über den Kader gesprochen. Er sagt Sätze wie: „Wenn wir alles geben, kann uns keiner einen Vorwurf machen.“ Er klingt defensiv, verteidigend. Vorwürfe hatte er lange nicht gehört. Das Jugendkonzept, auf das Hertha in dieser Saison setzt, ist auch sein Konzept. Es ging mehr um die Entwicklung der Spieler als um nackte Resultate. Das Konzept schützt auch den Trainer.

In der Hinrunde sprach er mutig von Plätzen, die brennen müssten, von heißen Tänzen, die das Team annehmen müsse. Damals erarbeitete sich Götz mit seiner Mannschaft Erfolge, die viele wegen des jungen Kaders nicht erwartet hatten. Hertha setzte sich auf Platz fünf fest. Die Resultate wurden wichtiger. „Es wäre fahrlässig, nicht zu behaupten, dass wir den fünften Platz anstreben“, sagt er jetzt. Unbedingter Wille klingt anders.

Götz ist Fußballer, kein Psychologe. Eine besondere Situation sieht er nicht: „Solche Phasen gibt es doch jedes Jahr.“ Ob so eine Phase nicht auch einen besonderen Reiz habe? Götz versteht die Frage nicht. „Der Reiz ist immer der Gleiche: Du willst gewinnen.“ Dann sei alles gut. Dennoch hat er diese Woche viel gesprochen. Gerade Yildiray Bastürk und Kevin-Prince Boateng, die nach langen Verletzungen wieder ins Training eingestiegen sind, bekamen besondere Fürsorge. Anders als bei Schorch und Schmidt erzählt Götz gerne, dass sie in Mönchengladbach zum Kader gehören werden. Er nennt sie „einsatzbereit“, ob sie in der Startelf stehen, ließ er offen.

Andere Spieler sind draußen. Ellery Cairo ist der Einzige, der nicht mitfährt. Der Niederländer rechnet „eigentlich nicht“ damit, dass er in dieser Saison noch eine Chance bekommt. Der Spieler kümmert sich um einen neuen Verein, der Trainer kümmert sich nicht mehr um ihn. Das letzte Vier-Augen-Gespräch sei ungefähr zwei Monate her, sagt Cairo. Sauer sei er deshalb nicht: „Der Trainer hat genug zu tun.“

Stefan Tillmann

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