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Sport: Siegerehrung auf Krücken

Venus Williams sagt für das Finale der German Open ab

Berlin. Wenn eines Tages die Welt untergeht, sollte man diese Nachricht von Eberhard Wensky verkünden lassen. Selbst diesem Ereignis würde er mit einiger Sicherheit noch eine positive Seite abgewinnen können. Als Turnierdirektor der German Open hat Wensky große Erfahrung darin, schlechte Nachrichten gut zu verkaufen. Auch gestern war das wieder so, als Wensky am Vormittag eine traurige Mitteilung verbreiten musste. Zum ersten Mal in der Geschichte des Tennis- Turniers sind die German Open ohne Einzelfinale zu Ende gegangen.

Venus Williams hatte sich in ihrem Halbfinale eine schwere Bänderdehnung zugezogen, bei einem Ausfallschritt, wie Wensky durchaus doppeldeutig berichtete. Die US- Amerikanerin humpelte gestern Mittag an Krücken zur Siegerehrung auf den Centre Court. „Das ist schade für alle“, sagte Amélie Mauresmo, die das Turnier kampflos und zum zweiten Mal nach 2001 gewonnen hat.

Immerhin gibt es gute Chancen, dass die Französin ihren Titel im kommenden Frühjahr in Berlin verteidigen kann. Georg von Waldenfels, der Präsident des Deutschen Tennis-Bundes (DTB), äußerte sich gestern „eher optimistisch, was das nächste Jahr angeht“. Der DTB war in diesem Jahr nicht nur Veranstalter des Turniers, er hat als dessen Vermarkter auch erstmals das finanzielle Risiko getragen.

Der Verlust, den das Turnier gemacht hat, wird vom DTB als Investition in die Zukunft verbucht. „Wir sind auf einem Weg, der noch nicht zu Ende gegangen ist“, sagte von Waldenfels. Das Defizit liegt bei etwa 450 000 Euro, ist also wohl etwas höher ausgefallen als im vergangenen Jahr (400 000 Euro). „Das ist positiv, gemessen an dem Worst-Case-Szenario vom vergangenen Herbst“, sagte DTB- Generalsekretär Reimund Schneider. Im Herbst hatte der Titelsponsor überraschend sein Engagement gekündigt, ein neuer ist bis heute nicht gefunden. Der Ausfall von 750 000 Euro ist zum größten Teil durch Einsparungen und geringfügig höhere Einnahmen aus dem Kartenverkauf aufgefangen worden. 200 000 Euro Verlust deckt der Berliner Senat.

Für den finanziell klammen DTB bleibt allerdings immer noch ein Defizit von rund 250 000 Euro. Bis Ende Juni wird der Tennis-Bund nun seine Landesverbände davon überzeugen müssen, das Berliner Turnier trotzdem in Deutschland zu halten. „Wir haben hier viel Überzeugungsarbeit geleistet, auch nach innen“, sagte Generalsekretär Schneider. Er jedenfalls hat den Eindruck, „dass hier niemand rausgeht, der bereit ist, den letzten Schritt zu tun“, das Turnier also in den Nahen oder Fernen Osten zu verscherbeln.

Schneider hat in der Turnierwoche mit einem Dutzend potenzieller Sponsoren gesprochen, in der nächsten Zeit soll es „belastbare Zweitrundengespräche mit größeren Wirtschaftspartnern geben“, sagt Schneider. Sollten die Verhandlungen keine positiven Ergebnisse bringen, könnte der Druck auf die DTB- Führung wachsen, die Lizenz zu verkaufen, so wie es zuletzt mit dem Turnier in Leipzig geschehen ist. Fünf Millionen Euro wären auf diese Weise zu erzielen. „Das ist das, was wir vom Markt hören“, sagt Schneider.

Ein Verkauf aber wäre nicht nur für die Außenwirkung des mitgliederstärksten Tennisverbandes der Welt verheerend, sondern auch für die sportliche Entwicklung des ohnehin schwächelnden Nachwuchses. Das Turnier in Berlin ist das letzte in Deutschland, bei dem der DTB die Wildcards vergeben und damit seinen Spielerinnen ermöglichen kann, sich mit der Weltspitze zu messen.

Georg von Waldenfels hat sich bisher mit aller Macht dafür eingesetzt, das Berliner Turnier und das Pendant der Männer in Hamburg in Deutschland zu halten. „Wir decken das Risiko ab, aber das geht nur einmal“, sagte der DTB-Präsident. So ähnlich hat sich auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit für die Berliner Politik geäußert. Eine Ausfallbürgschaft wie in diesem Jahr werde es künftig nicht mehr geben. Von Waldenfels hat angekündigt, trotzdem noch einmal mit dem Senat zu verhandeln. „Der DTB sieht sich nicht als Empfänger von Steuergeldern“, sagte der DTB-Präsident. „Aber es wäre eine Schande geradezu, wenn die Hauptstadt dieses Landes sagt: Na gut, dann ist das Turnier halt weg.“

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