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Sport: Silberpfeile auf dem Mars

Von Karin Sturm Silverstone. Auf den ersten Blick sind die silbergrauen Büromöbel oder Workstations gar nicht so außergewöhnlich: ein Spiel in Silbergrau, moderne Linienführung, klare, große Flächen und dazu eine interessante Designlösung für die schwenkbaren Flachbildschirme.

Von Karin Sturm

Silverstone. Auf den ersten Blick sind die silbergrauen Büromöbel oder Workstations gar nicht so außergewöhnlich: ein Spiel in Silbergrau, moderne Linienführung, klare, große Flächen und dazu eine interessante Designlösung für die schwenkbaren Flachbildschirme. Vielmehr sind es die kleinen Besonderheiten, die etwas von der Philosophie, die über allem steht, vermitteln. So etwa eine kleine Brüstung auf den Schreibtischen, die dachförmig angelegt ist. „Warum“, fragt Ron Dennis, der die Führung durch das noch nicht ganz fertig gestellte Formel-1-Werk; vier Tage vor dem Grand Prix in Silverstone, übernommen hat. Die Antwort gibt er selbst: „Damit keine Kaffeetassen abgestellt werden, denn das sieht unordentlich aus.“

Das ist nur ein kleines Detail vor dem Blick aufs Große im neuen McLaren-Mercedes-Hauptquartier im Londoner Vorort Woking. Das so genannte Paragon ist unauffällig in die englische Landschaft eingepasst, zum Teil sogar unterirdisch angelegt, mit einem großen künstlichen See vor einer imposanten Glasfront. Das Paragon - nach der Wörterbuch-Definition „Zentrum des Exzellenten" - könnte sehr gut auch als Egotrip eines Exzentrikers auslegt werden. Für Ron Dennis, den McLaren-Chef, ist es jedoch etwas ganz anderes. „Es ist nicht so, dass wir momentan keine Formel-1-Rennen gewinnen, weil ich mich zu viel um das Paragon-Projekt gekümmert habe“, sagt Dennis, „aber wir müssen für die Zukunft gerüstet sein.“ Momentan setzt Dennis vor allem auf den bereits fertigen Windkanal, der Tests mit bis zu 250 km/h zulässt. „Wir arbeiten bis zu zwölf Stunden am Tag an der Aerodynamik unserer Formel-1-Autos. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir wieder Erfolge haben werden.“

In den ersten Rennen des Jahres fuhren die Silberpfeile mit David Coulthard und Kim Räikkönen den übermächtigen Ferraris meist hinterher. Dennis schob die Schuld intern auf einen zu schwachen Mercedes-Motor, für die Schwaben lag das Problem eher am Chassis von McLaren. Aus dieser Misere wollen beide Partner nunmehr gemeinsam herausfinden. Mit dem Paragon will Dennis das perfekte Arbeitsumfeld schaffen, um damit auch die besten Leute zu bekommen. „Denn ein Gebäude allein reicht noch nicht für den Erfolg, es lebt erst von den Leuten darin. Um für die Top-Leute attraktiv zu sein, muss man auch optimale Bedingungen bieten. Jeder soll sich an seinem Arbeitsplatz wohlfühlen, soll gern herkommen, gar nicht mehr nach Hause wollen", sagt Dennis. Aber nicht nur die Philosophie von Dennis steckt in dem Projekt, „sondern vieles von unseren Konzepten über modernen Industriebau“, sagt Mercedes-Sportchef Norbert Haug. Schließlich sind die Stuttgarter 40–prozentiger Anteilseigner von McLaren. Ab Oktober 2002 wird in dem Werk der gemeinsame Sportwagen Mercedes SLR gebaut.

Wie sieht unter diesem Aspekt die Zukunft des Formel-1-Teams aus? McLaren ist heute bereits mehr als nur das: „Die Zeiten, in denen ein Formel-1-Team als reines Formel-1-Team überleben kann, sind mittelfristig vorbei“, ist Dennis überzeugt. Ihm schwebt eher McLaren als ein Begriff für High-Tech in allen Bereichen vor. So soll das Möbeldesign für die eigene Firma in Zukunft auch für andere auf den Markt kommen. So liefert man schon jetzt spezielle Kohlefaserteile für eine russisch-britische Raumfahrtmission für das Mars-Mobil „beagle 2“. Gerade auch in diesem Bereich kommt es auf Visionen an. Wie in der Formel 1.

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