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Silvio Berlusconi: Das Stehaufmännchen zieht die Fäden

Silvio Berlusconi droht nach seinem Wahlsieg wieder der Konflikt zwischen Politik und Fußball – kein Problem für ihn.

Derbe, volkstümlich, bauernschlau – so ist Silvio Berlusconi, und so lieben die Tifosi des italienischen Fußball-Erstligisten AC Mailand ihren Präsidenten. Oft sagt Berlusconi in aller Öffentlichkeit ungeheure Dinge, die er später dann wieder zurücknimmt. Und zwar mit der entwaffnend schlichten Begründung: „Das habe ich so nicht gesagt.“ Seine Medienberater, die ihm bei jedem Auftritt zur Seite stehen, entschuldigen sich dann verlegen. So sei er eben. Silvio Berlusconi redet so, als debattiere er mit den Kumpels in einer Bar dello Sport um die Ecke.

Berlusconi ist ein Stehaufmännchen in jeder Beziehung – in der Politik wie auch im Fußball. Nach der Parlamentswahl am vergangenen Sonntag steuert er auf seine dritte Amtszeit als Ministerpräsident zu. Und wenn sich ihm die Justiz irgendwie in den Weg stellt, dann trickst er sie aus oder biegt sich das Recht so, wie es ihm zum Vorteil gereicht. Das gilt für Richter wie für Schiedsrichter.

Vor 20 Jahren hatte Berlusconi den genialen Einfall, die Aktienmehrheit beim AC Mailand zu erwerben. Damals investierte er in den maroden Klub eine Millionensumme, die allenthalben Staunen und Kopfschütteln verursachte. Juventus-Besitzer und Fiat-Patriarch Gianni Agnelli, der damals der ungekrönte König des italienischen Fußballs war, sagte über Berlusconi: „Er ist maßlos.“ Der neue Chef bei Milan trieb die Preise auf dem Spieler- und Trainermarkt in die Höhe und verwandelte den Klub umgehend in seine persönliche Propagandamaschinerie, anfangs für seine TV-Kommerzsender, später für seine politische Karriere.

Mit jedem Milan-Sieg in der Meisterschaft, in der Champions League oder im Weltpokal wuchs auch Berlusconis Popularität und auch seine Macht. Nicht zuletzt über den öffentlichkeitswirksamen Calcio hatte er es schließlich innerhalb weniger Jahrzehnte vom tingelnden Alleinunterhalter auf Kreuzfahrtschiffen zum reichsten und mächtigsten Mann des Landes gebracht. Und jedes Mal, wenn Silvio Berlusconi Ministerpräsident wurde, war das ein Segen für seine geschäftlichen Aktivitäten, egal ob im Medienbereich oder in der Immobilienbranche.

Immer wenn ihm von politischen Gegnern ein Interessenskonflikt zwischen politischen und anderen Ämtern vorgeworfen wurde, hatte Berlusconi eine Lösung parat. In seiner letzten Regierungszeit kam die Frage auf, ob das Amt des Ministerpräsidenten mit dem des Milan-Präsidenten unvereinbar sei. Lange tat Berlusconi so, als ginge ihn das Thema nichts an. Dann fiel ihm ein neuer Winkelzug ein: Er trat für kurze Zeit zurück, um wenig später wieder zurückzukehren. Sein Intimus und Vizepräsident Adriano Galliani übernahm so lange das Regiment bei Milan. Natürlich in seinem Sinne. Im Hintergrund behielt Berlusconi die Fäden in der Hand und mischte sich sogar in die Mannschaftsaufstellung ein. Wenn das Team nicht erfolgreich war, machte er den jeweiligen Trainern unmissverständlich klar, nach welchem System sie zu spielen hätten. Zurzeit gilt Berlusconis jüngster Sohn Luigi als wahrscheinlichster Kandidat für seine nächste Vertretung als Milan-Machthaber, womit alles in der Familie bleiben würde.

Im vergangenen November, als seine Götterdämmerung unausweichlich schien und ihm sogar treueste Weggefährten wie der ehemalige Außenminister Gianfranco Fini und der frühere Koalitionspartner Pier Ferdinando Casini die Treue versagten, war es auch mit Berlusconis Spendierfreude beim AC Mailand vorbei. Als die Tifosi lauthals die Verpflichtung des Superstars Ronaldinho vom FC Barcelona forderten, überraschte er sie mit einem allgemeinen Spendenaufruf. „Wenn jeder etwas dazutut, können wir ihn zu Milan holen“, sagte er zur Verwunderung der Tifosi. Nach seinem jüngsten Wahlsieg ist Geldmangel kein Thema mehr. Berlusconi verbreitete, er habe sich am Montag mit Ronaldinhos Berater und Bruder zu einem Abendessen getroffen. Es heißt, Ronaldinho habe bei Milan bereits einen Fünfjahresvertrag unterschrieben, die Ablösesumme soll bei 20 Millionen Euro liegen. Nach italienischen Medienberichten soll ihm der AC Mailand einen Vertrag bis 2012 und ein Jahresnettogehalt von acht Millionen Euro geboten haben.

In dieser Woche ließ Berlusconi seiner Zunge wieder einmal freien Lauf. „Seit 15 Jahren versucht ihr, mich loszuwerden. Und ihr schafft es nicht!“, sagte er in Richtung kritischer Zeitungen. Die „kommunistische Presse“, wie Berlusconi gerne alle kritischen Medien nennt, muss ihn wohl oder übel fünf weitere Jahre als Ministerpräsidenten ertragen und dann womöglich noch für sieben Jahre als Staatspräsidenten. Die Milan-Tifosi nennen Berlusconi jetzt schon ehrfurchtsvoll „Presidente“.

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