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Sport: Silvio Zoff Rücktritt: Berlusconi ist nicht Cruyff (Kommentar)

Noch einmal zur Erinnerung, weil es offensichtlich Menschen gibt, denen das Ereignis bereits wieder entfallen ist: Italien trennten am Sonntagabend 55 - in Worten fünf-und-fünfzig - Sekunden vom Gewinn des Europameistertitels. Vielleicht waren es auch zwei Tore, die Alessandro del Piero nicht schoss, obwohl er sie in der zweiten Halbzeit auf dem Fuß hatte.

Noch einmal zur Erinnerung, weil es offensichtlich Menschen gibt, denen das Ereignis bereits wieder entfallen ist: Italien trennten am Sonntagabend 55 - in Worten fünf-und-fünfzig - Sekunden vom Gewinn des Europameistertitels. Vielleicht waren es auch zwei Tore, die Alessandro del Piero nicht schoss, obwohl er sie in der zweiten Halbzeit auf dem Fuß hatte. Womöglich hätte auch ein gewonnener Zweikampf vor dem Schlusspfiff gegen den Torschützen Sylvain Wiltord genügt. Aber wer weiß das schon?

Silvio Berlusconi. Am Montag hatte der Medienmogul und ehemalige Ministerpräsident Italiens den Auftritt der italienischen Mannschaft im Finale der Europameisterschaft als "unwürdig" bezeichnet. "Zidane hat man viel zu viele Freiheiten gelassen", erklärte Berlusconi. Darüber ließe sich vielleicht noch streiten, aber der Präsident des AC Milan hatte noch mehr zu sagen über die Darbietung der Italiener. "Sie haben sich verhalten wie die letzten Dilettanten." Und überhaupt sei Dino Zoff der falsche Mann auf dem Trainerposten. Den Nationaltrainer im Sinn erklärte Berlusconi der italienischen Nachrichtenagentur Ansa: "Das Problem ist, entweder hat einer Intelligenz im Kopf oder eben nicht." Der auf diese Weise Angesprochene trat am Dienstag morgen prompt zurück. Er fühle sich "als Mensch beleidigt", sagte Zoff, "ich kann nicht verstehen, wie jemand die Arbeit anderer diffamiert."

Tja, wie soll man das verstehen? Vielleicht war Berlusconi vom niederländischen Fußballidol Johan Cruyff beeindruckt, der es bei der EM gewagt hatte, die Niederländer trotz dreier Siege in der Vorrunde zu kritisieren. Gegen die Meinung der Mehrheit sein, das bringt Aufsehen, das bringt Respekt. Das könnte Berlusconi angetrieben haben. Die Rolle des Kritikers kennt der Politiker überdies gut, er ist Oppositionsführer im italienischen Parlament. Doch im Fußballgeschäft steht Berlusconi lediglich dem AC Mailand als Präsidenten vor. In einem Weltmeisterschaftsfinale wie Cruyff 1974 stand der Italiener noch nicht. Einen Verein wie Cruyff den FC Barcelona hat er noch nicht trainiert. Oder ärgerte sich Berlusconi nur, dass der verschlossene Zoff die Mikrophone seiner Medienanstalten während der Europameisterschaft wie Slalomstangen stehen ließ? Von den Folgen seiner Kritik zeigte sich Berlosconi jedenfalls überrascht: "Ich kann nicht glauben, dass er zurückgetreten ist." Was hatte der einflussreiche Machtmensch gesagt? "Entweder hat einer die Intelligenz im Kopf oder eben nicht." So ist es.

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