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Sport: Sind wir stark?

Im Spiel gegen Brasilien will die Nationalelf Klarheit über ihre Leistungsfähigkeit

Gestern durften die deutschen Nationalspieler in ihrem Quartier im fränkischen Herzogenaurach so lange schlafen, wie sie wollten. Das ist eigentlich keine Nachricht, die eine Nation in Wallung versetzt. Und doch geht von ihr ein gutes, ein beruhigendes Signal aus. Für Verteidiger Per Mertesacker ist es „wichtig, gut zu schlafen“. Eingedenk der Tatsache, dass es am Samstag im Halbfinale des Confed-Cups gegen Brasilien und somit gegen Ballartisten wie Ronaldinho und Adriano geht, bekommen die Aussagen Mertesackers besonderen Gehalt. „Gut essen, gut schlafen – dann wird es schon gut gehen.“

Der Hannoveraner mit den einfachen Rezepten ist in der deutschen Abwehr so etwas wie der erste Garant dafür, dass hinten so schnell nichts mehr anbrennt. „Ich habe ein gutes Gefühl“, sagt Mertesacker. Das Unentschieden gegen Argentinien habe der Mannschaft sehr viel Selbstvertrauen gegeben. „Ich habe das Gefühl, wir können die Brasilianer packen.“

Diese Gefühl von Stärke ist omnipräsent im deutschen Lager. Es ist ein Gefühl, dass sich durch verheißungsvolle Auftritte gegen gute bis sehr gute Gegner in den vergangenen Tagen entwickelt hat. Gegen Brasilien wird sich zeigen, ob zwischen gefühlter und tatsächlicher Stärke noch jener Widerspruch besteht, den die Nationalelf bei der WM 2002 kreiert und bei der Europameisterschaft zwei Jahre später schonungslos offen gelegt hatte. Der zweite Platz bei der WM wurde damals des öfteren fälschlicherweise als Indiz dafür ausgelegt, wieder zweitstärkste Fußballmacht der Welt zu sein.

Diesmal ist das neue Gefühl von Stärke ein reelleres. Die Fortschritte, die das Team jüngst gemacht hat, sind so unübersehbar wie die wechselhaften Auftritte der Südamerikaner. Vermutlich gab es nie einen besseren Zeitpunkt, gegen Brasilien anzutreten. „Wir alle haben gesehen, welche Klasse Brasilien besitzt, aber wir haben auch gesehen, dass sie anfällig sind“, sagt etwa Teammanager Oliver Bierhoff.

Für Michael Ballack verfügen die Brasilianer über die gleiche Qualität wie die Argentinier. „Vielleicht sind sie individuell und technisch noch besser, aber wir haben gegen jeden Gegner mindestens zwei Tore gemacht. Das spricht für uns“, sagt Ballack. Für berechtigten Optimismus spricht auch, dass die Mannschaft ohne ihren Kapitän und besten Spieler ein 2:2 gegen Argentinien erreicht hat, das vor kurzem Brasilien in der WM-Qualifikation 3:1 besiegte. Vielleicht wird aus der neu gewonnenen Überzeugung, gegen große Mannschaften des Weltfußballs bestehen zu können, nun auch endlich Gewissheit – in Form eines Sieges über Brasilien.

Müsste man für diesen Fall dem deutschen Fußball wieder Weltklasse attestieren? Michael Ballack antwortet ausweichend: „Ich glaube, wir haben unsere Tugenden. Fußballerisch sind Argentinien und Brasilien uns einen Schritt voraus.“ Das werde sich wohl auch nicht mehr ändern. „Unser Job ist es, mit unseren Möglichkeiten dagegenzuhalten und Spiele zu gewinnen.“ Die Mannschaft befände sich auf einem sehr guten Weg, „unsere Stärken auszuspielen. Von daher glaube ich, können wir auf jeden Fall mit der Weltspitze mitspielen“.

Ein Sieg in der Neuauflage des WM-Finals von 2002 (0:2) erscheint möglich. „Wir haben eine Chance, und die Mannschaft will alles versuchen“, sagt Bierhoff. Sollte sie das Kunststück fertig bringen, wäre es ein „wunderschönes Signal“, sagt der Teammanager. Es würde das Gefühl der Stärke noch verstärken. Die Gefahr, dass es in Überheblichkeit umschlägt, „besteht bei dieser Mannschaft überhaupt nicht“. Wir können also beruhigt sein.

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