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Sport: Sizilianische Eröffnung

Die Bundesliga will mit einem großen Spektakel in die neue Saison starten – doch die Schwarzgeldaffäre steht erst mal im Vordergrund

Von Richard Leipold

Dortmund. Am Anfang ertönte ein Pfeifen und Piepen, so dass die Besucher sich die Ohren zuhalten mussten. Pfiffe gegen den Fußball schon vor Beginn der neuen Bundesligasaison, am Ende gar Protest gegen den Geldfluss aus schwarzen Kassen? Nein, keine Spur davon. In der Stammtischebene „Borussia-Park Nord“ des Dortmunder Westfalenstadions verursachten Bedienungsfehler am Schaltpult der Lautsprecheranlage die einzigen Misstöne des Tages. Die Protagonisten auf dem Podium verbreiteten pure Vorfreude auf den Beginn der neuen Spielzeit. Niemand ließ sich die gute Laune vor dem Start verderben – weder durch angebliche Schwarzgeldzahlungen an den früheren Leverkusener Trainer Christoph Daum und den Bayer-Profi Jens Nowotny noch durch die Folgen einer Wirtschaftskrise im Fußball. Die Vertreter der Deutschen Fußball Liga (DFL) sowie der beiden Spitzenklubs Borussia Dortmund und Hertha BSC sehen sich vor dem Beginn einer neuen Ära. Es war viel von Zusammenhalt und Solidarität die Rede.

Der Start in die neue Saison wird als großes Event zelebriert – mit einem ausgelagerten Eröffnungsspiel. „Es soll und wird eine feste Tradition werden, dass der Meister vor eigenem Publikum die Ballsaison eröffnet“, sagte DFL-Sprecher Tom Bender. Titelverteidiger Borussia Dortmund trifft am Freitag im Westfalenstadion auf Herausforderer Hertha BSC. Das Spiel wird unverschlüsselt und live bei Sat 1 übertragen. Wie bei Olympischen Spielen und Fußball-Weltmeisterschaften üblich, wird es künftig eine Eröffnungszeremonie geben, der ein Showprogramm vorausgeht.

Am Freitag wird Liga-Präsident Werner Hackmann „die Spiele“ offiziell für eröffnet erklären. Vorher zeigt Gerd Niebaum, der Präsident des aktuellen Meisters, den Fans die Schale – damit die Menschen rechtzeitig erfahren, worum es in den 34 folgenden Etappen überhaupt geht. Neben dem Heimrecht beim Eröffnungsspiel besitzt der Titelverteidiger ein weiteres Privileg. Er darf das neue Logo der Liga während der gesamten Saison in einer vergoldeten Ausführung, der so genannten Meisterkennung, tragen.

So ernst die Folgen der Wirtschaftskrise, die nicht nur eine Kirch-Krise ist, auch sein mögen: Bei der Dortmunder Verkaufsveranstaltung am Montag war alles Gold, was glänzte. Dieter Hoeneß, der Manager von Hertha BSC, sieht die Liga sogar vor einem Goldenen Zeitalter, da deutsche Klubs seriöser gewirtschaftet hätten als große Teile der „europäischen Konkurrenz". Die Bundesliga habe „die Chance, in den nächsten Jahren Spieler zu bekommen, über die wir bisher in Deutschland nicht nachgedacht haben".

Beflügelt durch die Vorfreude auf die nähere und fernere Zukunft ließen sich Hoeneß und andere Fußballgeschäftsleute nicht durch die Schatten der Gegenwart beeindrucken, die durch mögliche schwarze Kassen geworfen werden (siehe unten stehenden Beitrag). Natürlich müssten die Behörden „die Bundesliga genauso untersuchen wie jeden anderen Bürger“, sagte der Berliner Manager, aber bei Anschuldigungen sei Vorsicht geboten. Leider suchten offenbar auch Finanzbeamte „eine Plattform, sich öffentlich zu profilieren". Ab Freitag rede ohnehin wieder alles nur über Tore. Und am Ende werde sich die Steueraffäre um Daum und Nowotny als „Sturm im Wasserglas“ erweisen, sagte Hoeneß. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass bei einem Konzern wie der Bayer AG Schwarzgelder in dieser Größenordnung fließen." Nicht in dieser Größenordnung?

Für den Dortmunder Geschäftsführer Michael Meier ist die Affäre ein Beispiel journalistischer Willkür – und eine Frage der Relation. Es sei „unfair, einen Fall herauszugreifen“, noch dazu anhand von Vermutungen, und auf diese Weise auch andere Klubs zu „diskreditieren“, sagte der Geschäftsführer der Dortmunder Fußballkapitalgesellschaft. Außerdem warnt er davor, „Steuertricks mit Steuervergehen zu verwechseln". „Es sei ein Witz anzunehmen, ein Unternehmen wie Bayer Leverkusen könne „einfach mal so zehn Millionen Mark unter den Verwandten eines Spielers verteilen, ohne das Geld zu verbuchen". Einmal in Fahrt, verstieg Meier sich zu einer tollkühnen Rechnung. „Wenn man zusammenrechnet, was die Liga im Jahr an Lohn- und Einkommensteuer zahlt, kommt man, schätze ich, auf eine halbe Milliarde Euro.“ Dagegen sei das Schwarzgeld, das im Raume stehe, nur ein verschwindend „geringer Bruchteil“, sagt der Dortmunder Manager. „Die Millionäre, die in der Bundesliga spielen, spülen viel Geld in die Kassen des Finanzamts. Minister Eichel sollte der Liga ein Denkmal setzen.“ Am besten eines aus Gold.

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