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Anschnallen, bitte. Maria Höfl-Riesch bereitet sich auf die olympische Wintersportsaison vor – anschließend wird sie die Wettkampf-Ski womöglich beiseite legen.

© picture alliance / dpa

Ski Alpin: Abschied mit dem Schinderheini

Maria Höfl-Riesch und Felix Neureuther starten in ihre möglicherweise letzte alpine Ski-Saison.

In Sölden ist es in diesen Tagen vorbei mit der Ruhe, der Weltcup-Tross verwandelt die kleine Tiroler Gemeinde in einen wuseligen Skiort. Maria Höfl-Riesch und Felix Neureuther, die Gesichter des deutschen Alpinsports, sind beim Auftakt vielleicht zum letzten Mal dabei. Beide werden im kommenden Jahr 30 Jahre alt. Kein Alter eigentlich für einen Skirennläufer. Hermann Maier feierte ein paar Tage vor seinem 36. Geburtstag noch einen Weltcupsieg. Didier Cuche war bei seinen letzten vier Erfolgen sogar schon 37 Jahre alt. Aber Höfl-Riesch hat in ihrer Karriere längst alles erreicht. Immer wieder deutete sie deshalb in den vergangenen Jahren an, dass dieser Winter möglicherweise ihr letzter als Skirennläuferin sein könnte. Mit einem Sieg bei den Olympischen Spielen in Sotschi würde es ihr leichter fallen aufzuhören. Eine Olympia-Medaille „ist doch das, was am Ende hängenbleibt“. Deshalb wäre es schön, die Karriere „noch einmal zu krönen“. Eine Entscheidung, so sagt sie, falle aber erst nach dieser Saison.

Neureuthers Karriere kam zwar erst in der vergangenen Saison so richtig in Fahrt: Silber bei den Weltmeisterschaften in Schladming nach famosen Slalom-Resultaten, konstant gute Leistungen endlich auch im Riesenslalom. Aber er ist seit 2003 dabei und viele Wehwehchen begleiteten seine Karriere. Der runde Geburtstag im kommenden März, das sei „schon ein Einschnitt“, gibt er zu. Da wolle er sich Gedanken machen, „wie es für mich weitergeht“. Vielleicht macht er weiter, vielleicht reist er aber auch mit dem Rucksack um die Welt. „Es kann alles passieren.“

Foto: p-a/dpa
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In der Vorbereitung auf diesen Winter ist mal wieder einiges schiefgelaufen. Anfang Juni hatte er sich in der Schweiz ein Überbein am Knöchel entfernen lassen. Auf Facebook postete er ein Foto aus dem Krankenhauszimmer mit seinem Kumpel Bastian Schweinsteiger vom FC Bayern München, der zur selben Zeit am lädierten Sprunggelenk operiert worden war. Der Eingriff bei Neureuther war eigentlich eine Bagatelle, aber der Arzt erwischte Blutgefäße. Es entstand totes Gewebe, und die Wunde wollte einfach nicht verheilen. „Ich konnte alles, nur nicht Skifahren“, erzählt Neureuther über seine Leidenszeit im Sommer. Er verpasste deshalb 30 bis 40 Schneetage. Erst im September kehrte er mit einem auf den Knöchel angepassten Schuh auf Rennski zurück. „Ein alter erfahrener Mann wie ich braucht aber nicht mehr so viel Schneetraining“, findet er. Tatsächlich ging es gleich wieder gut, sehr gut sogar. Plötzlich schien sogar ein Start am Sonntag in Sölden realistisch. In den vergangenen Tagen testete er wie alle Athleten den Weltcup-Hang im Ötztal. Danach fiel die Entscheidung. „Das Gefühl ist gut, und ich bin fit“, verkündete er.

Um Maria Höfl-Riesch war es in diesem Sommer ruhig. Wenig öffentliche Auftritte, kaum Präsenz in bunten Blättern. Ihr Fokus lag offenbar mehr denn je auf der Vorbereitung. Die Dominanz der Slowenin Tina Maze im vergangenen Winter hatte sie mächtig geärgert. Mehr als sie öffentlich zugab.

Sie traf sich im Frühjahr mit Hermann Maier, dem ehemaligen österreichischen Ski-Heroen. „Der war doch immer so wahnsinnig beieinander.“ Maier riet ihr zur Zusammenarbeit mit seinem ehemaligen Fitness-Coach Heinrich Bergmüller. „Er hat gesagt, für ihn war das Wichtigste: Der Heini und das Training vom Heini“, erzählt Maria Höfl-Riesch. Also probierte sie es mit Bergmüller, der früher in der Branche wegen seiner rigorosen Trainingsmethoden „Schinderheini“ genannt worden war. Dieser stellte ihr Vorbereitungsprogramm um, legte vor allem Wert auf die Grundlagen. „Es war sehr interessant, einen neuen Reiz zu setzen“, sagt Maria Höfl-Riesch. Sie sei, laut Wolfgang Maier, Alpinchef des Deutschen Skiverbandes, „auf einem sehr guten körperlichen Niveau“. Drei bis vier Kilo an Muskelmasse legte sie zu – und fühlt sich fit für die Herausforderungen der Olympia-Saison. Ein guter Start am Sonnabend in Sölden (12.30 Uhr, live bei ARD)sei für sie zwar nicht einmal richtungsweisend, „aber er wäre gut fürs Selbstvertrauen“, gibt sie zu.

Auf ihr liegt in der Olympia-Saison der Fokus, ebenso wie bei den Männern auf Neureuther. Aber der DSV steht vor einem Umbruch. Wieder einmal. Vor zehn Jahren, als sich Martina Ertl und Hilde Gerg auf der Zielgeraden ihrer Karriere befanden, standen zwei Hochbegabte in den Startlöchern, doch dieses Mal ist kein neuer Star in Sicht. Weder Riesenslalom-Olympiasiegerin Viktoria Rebensburg noch Fritz Dopfer, der in den technischen Disziplinen in den vergangenen beiden Jahren in die Weltspitze vorgestoßen ist, taugen zum Teamleader. Beide fühlen sich wohler, wenn sie nicht an vorderster Front stehen. Dahinter gibt es ein paar vielversprechende Talente wie Lena Dürr, Veronique Hronek, Josef Ferstl oder Stefan Luitz. Aber die Fußstapfen, die Höfl-Riesch und Neureuther hinterlassen werden, falls sie aufhören, sind erst einmal viel zu groß.

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