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Extremes Luftgefühl. Lisa Zimmermann

© imago

Ski-Freestyle: Lisa Zimmermann: An die Weltspitze gechillt

"Olympia ist auch nur ein anderer Name": Ski-Weltmeisterin Lisa Zimmermann sind Titel und Wettkämpfe unwichtig, sie möchte lieber herumexperimentieren und sich weiterentwickeln.

Von Johannes Nedo

Wenn Lisa Zimmermann über ihren Sport redet, benutzt sie immer wieder ein Wort, das eigentlich nicht zum Profisport passt: „chillen“. Sie erzählt davon, wie gerne sie beim Slopestyle-Fahren chillt, wie wichtig das Chillen für die Freeskier ist und dass sie in diesem Winter endlich wieder mehr chillen konnte. Doch das ist nicht das einzige Sportstereotyp, mit dem die 19-Jährige bricht.

So ist es eigentlich in der klassischen Sportdenke völlig selbstverständlich, dass sich Athleten, wenn sie in ihrer Sportart zu den besten der Welt gehören, regelmäßig mit den anderen messen. Und sich dann über die Platzierungen und Ranglisten definieren. Doch Lisa Zimmermann sagt, sie wollte während dieser Saison bloß nicht zu viele Wettkämpfe absolvieren. Sie wollte weiter vorankommen im Slopestyle, ihrer Ski-Disziplin, bei der die Fahrerinnen in einem Parcours aus kleinen Sprungschanzen und Hindernissen ihre Tricks zeigen. Verbessern könne man sich im Slopestyle aber nur dann, wenn man auch abseits der Wettbewerbe etwa für Videodrehs in den Skiparks herumexperimentiere, sagt sie.

Lisa Zimmermann hat das in diesem Winter auch konsequent durchgezogen. Außer bei der Weltmeisterschaft im Januar in Österreich ist sie kaum angetreten. So hätte sie noch mehr in den USA bei Wettkämpfen fahren können. Aber das wollte sie nicht. Jetzt, da die Freeski-Saison zu Ende geht, wird es für die Bayerin noch einmal richtig stressig. Bis Dienstag war sie bei einem Wettbewerb in Flachauwinkl (Österreich) am Start, am Freitag und Samstag tritt sie beim Weltcup in Silvaplana (Schweiz) an. Und nächste Woche gehört sie zu dem ausgewählten Kreis der Slopestyle-Fahrerinnen, die beim Nine-Queens-Wettkampf in Tirol teilnehmen dürfen.

Normalerweise liest sich so das Standardprogramm eines Wintersportlers während der Saison, besonders für eine Weltmeisterin. Denn den Titel hat sie sich eben im Januar geholt. Aber auch diese Goldmedaille bedeutet ihr nicht allzu viel. „Das hat für mich nicht so eine Stellung“, betont sie. „Eigentlich ist eine WM wie jeder andere Wettkampf, nur der Titel ist anders.“ So wenig sie ausflippt als Weltmeisterin, so wenig enttäuscht war sie, nachdem sie als Mitfavoritin bei den Winterspielen in Sotschi lediglich 14. wurde: „Olympia ist auch nur ein anderer Name.“

"Lisa Zimmermann könnte fast schon bei den Männern mitfahren"

Lisa Zimmermann hat also eine besondere Herangehensweise an ihren Sport, und gleichzeitig ein besonderes Talent dafür. Sie gilt als die unbestritten weltbeste Slopestyle-Fahrerin, die ihren Sport auf Jahre hinaus dominieren wird. „Lisa ist der Konkurrenz meilenweit voraus“, betont der deutsche Freeski-Sportdirektor Tobias Reindl. „Sie wird bald nahezu unschlagbar sein. Dann könnte sie fast schon bei den Männern mitfahren.“ Ihre Lockerheit sei ihre große Stärke, sagt Reindl. „Und natürlich ihr extremes Gefühl in der Luft.“ Dieses Gespür für Drehungen und Sprünge kommt auch daher, weil Lisa Zimmermann bis zu ihrem 14. Lebensjahr Eiskunstläuferin war.

Dort konnte sie allerdings nicht so chillen wie beim Slopestyle-Fahren. „Mir ist der Gemeinschaftsgedanke sehr wichtig“, sagt Lisa Zimmermann. Schließlich gehe es darum, sich für neue Tricks zu überwinden, sich gegenseitig Tipps zu geben und dann gemeinsam zu feiern, wenn es geklappt hat. „Wir brauchen diese Freiheit“, betont sie. Dieser freiheitliche Gedanke, wie Reindl es nennt, müsse unbedingt bewahrt werden, sagt der 28-Jährige. „Mit Olympia, Weltmeisterschaften und Reichtum kann man Athletinnen wie Lisa nicht ködern“, sagt er. „Ihr geht es darum, sich weiterzuentwickeln, neue Tricks zu kreieren und einen eigenen Stil zu entwickeln.“ Denn für Lisa Zimmermann bedeutet chillen: „Ich möchte den Spaß an meinem Sport nicht verlieren.“

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