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Lindsey Vonn konnte in Schweden noch einmal jubeln.

© AFP

Ski-WM in Are: Der letzte Streich von Lindsey Vonn

In der letzten Abfahrt ihrer Karriere schafft es die 33-Jährige noch einmal aufs Podium - und wird dafür gebührend gefeiert. Nur ein Makel bleibt.

Es war keine große Überraschung, dass Lindsey Vonn ihren letzten Auftritt noch einmal ausgekostete. Die kleine Siegerehrung im Stadion, die sogenannte Blumenzeremonie nach der Abfahrt bei der Ski-WM in Are, war am Sonntag längst vorbei, Ilka Stuhec aus Slowenien und die zweitplatzierte Schweizerin Corinne Suter hatten bereits den Platz geräumt, als Vonn aufdrehte. Erstaunlich war dagegen, dass die Amerikanerin zuvor sportlich schon eine tolle Show geboten hat.

Aufzuhören mit einer Medaille, das hätten ihr bei diesen Titelkämpfen in Are nicht mehr viele zugetraut, aber sie hat bewiesen, dass sie es nicht nur jenseits der Piste versteht, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, sondern dass sie eben eine der Größten des Skisports ist. Noch immer. Ein Bronzelauf gelang Vonn im letzten Rennen ihrer Karriere.

Stenmarks Rekord wird sie nicht mehr knacken

„Ich bin mit Herz gefahren und habe viel riskiert“, sagte die 34-Jährige. Im Zielraum feierte Vonn dann noch lange, mit Olympiasiegerin Sofia Goggia, der großen Favoritin, die leer ausging, ihren Mannschaftskolleginnen, dem schwedischen Ski-Idol Ingemar Stenmark, dessen Rekord von 86 Weltcup-Siegen sie um vier Siege verpasste – und natürlich mit Hündchen Lucy, das in ein pinkfarbenes Mäntelchen gehüllt war.

Als Dritte war Vonn ins Rennen gegangen. Dass sie im Ziel die Schnellste sein würde, überraschte deshalb kaum. Denn die vor ihr gestarteten Viktoria Rebensburg aus Kreuth und die Schweizerin Jasmine Flury gehörten nicht zu den Medaillenkandidatinnen in der Abfahrt. Die Amerikanerin zwar auch nicht. Dass sie auch beim letzten ihrer vielen Comebacks noch immer vorne mitmischen würde, stand aber außer Frage. Anders als in Are war sie zuletzt indes häufiger mal im Fangzaun gelandet und hatte das Ziel verpasst. „Aber so wollte ich mich nicht verabschieden“, erklärte Vonn.

Im Ziel schien sie zunächst erleichtert, dieses Mal unfallfrei den Berg hinuntergekommen zu sein, winkte ins Publikum und verbeugte sich. Es war, so viel stand früh fest, ein versöhnliches Ende. Sie habe vor dem Rennen mit vielen Emotionen zu kämpfen gehabt, „aber schließlich habe ich diesen Kampf gewonnen“, erzählte Vonn später. Ein paar Meter weiter wartete schon Stenmark mit einem Blumenstrauß. Er war extra wegen Vonn einen Tag früher als geplant nach Are gekommen. Der früher so wortkarge Nordschwede machte sich danach auf den Weg an den Fernseh- und Radiostationen vorbei und erzählte, dass er sicher sei, dass sein Rekord nicht mehr lange halte. Er sei überzeugt, Mikaela Shiffrin, die erst 23 Jahre alte amerikanische Teamkollegin von Vonn, „gewinnt 100 Rennen“.

Diese Marke wird Vonn nicht mehr erreichen, mit dem dritten Platz sicherte sie sich aber noch ein paar andere Rekorde. Sie ist die älteste Medaillengewinnerin bei einer alpinen Ski-WM, bisher war dies Veronika Velez-Zuzulova, die 2017 mit 32 Jahren Silber im Teamwettbewerb gewann. Zudem hat Vonn nun genauso oft Edelmetall bei Titelkämpfen in der Abfahrt gewonnen wie die deutsche Ski-Legende Christl Cranz.

Rebensburg beste Deutsche

Nach ihrem Lauf durfte Vonn noch ein paar Minuten auf dem Stuhl der Führenden sitzen bleiben, dann unterbot zunächst Stuhec ihre Zeit und später auch noch Suter. Stuhec schrieb eine fast ebenso rührende Geschichte wie Vonn, sie verteidigte ihren Titel ein gutes Jahr nach einem Kreuzbandriss.

Doch der Applaus gebührte Vonn. Die Konkurrenz zollte jener Skirennläuferin, die den Frauen-Skirennsport prägte und über viele Jahre auch dominiert hatte, Respekt. „Beeindruckend“, nannte Kira Weidle, die mit Platz 13 hinter den Erwartungen zurückblieb, Vonns Leistung. „Es passt zu ihrer Karriere, sie hat bis zum letzten Rennen gekämpft. Einfach nur Chapeau.“ Viktoria Rebensburg, als Elfte am Ende beste Deutsche, sank vor der Amerikanerin auf die Knie.

Vonn genoss all das, auf eine detaillierte Schilderung all ihrer körperlichen Leiden verzichtete sie. Nur am Rande thematisierte Vonn die schwierige Phase nach dem Comeback im Januar in Cortina d’Ampezzo. „Ich würde gerne weinen, aber es ist nichts mehr übrig“, sagte sie. „Ich habe zuletzt so viel geweint, ich bin ausgetrocknet.“ Es war ein Drehbuch, das keine Fragen offen ließ.

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