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Eine ganze Region wird für die Olympischen Spiele 2026 erneuert, die letzten werden dann 70 Jahre zurückliegen.

© Solaro/ AFP

Ski-WM in Cortina d'Ampezzo: Die Weltmeisterschaft war auch ein Testlauf für Olympia 2026

Die WM zeigt: Eine Großveranstaltung wie die Olympischen Spiele würde der Stadt Cortina zwar guttun. Ob sie dem Sport guttun würden, ist hingegen fragwürdig.

Der legendäre Trampolino Italia hat schon bessere Zeiten gesehen. Gäbe es Haltungsnoten für Sprungschanzen, der alte Bakken am Ortseingang von Cortina d’Ampezzo würde sich maximal eine 7,5 verdienen. Vom Schanzenturm bröckelt der Putz ab, auf den Trainerturm aus Holz würde sich heute kein Betreuer mehr wagen, die Farben der olympischen Ringe unter dem Schanzentisch sind längst verblasst. Der Trampolino Italia, errichtet für die Winterspiele 1956, ist dem Verfall preisgegeben.

Um die Pista Olimpica Eugenio Monti am Fuße der Tofana ist es nicht viel besser bestellt. Die 1700 Meter lange Bobbahn, einst Kulisse tollkühner Verfolgungsjagden in James Bonds „In tödlicher Mission“, liegt ebenfalls auf Eis. Äste hängen in die Rinne, die Natur hat sich den Eiskanal zurückerobert, seit fast eineinhalb Jahrzehnten ist kein Schlitten mehr durch die Olympiabahn gerast.

Cortina d’Ampezzo hat lange Jahre von den Olympischen Winterspielen 1956 gelebt, doch an manchen Ecken scheint die Zeit seither stehen geblieben zu sein. Man kann verstehen, weshalb die Cortineser diese Ski-Weltmeisterschaften so herbeigesehnt haben. Und noch viel wichtiger sind die Olympischen Spiele, die 2026 hier stattfinden sollen. Ohne diese beiden Großveranstaltungen wäre in Cortina alles so weitergegangen wie bisher, ohne WM und die Winterspiele hätten viele Einheimische keinen Grund gesehen, ihre in die Jahre gekommenen Hotels zu renovieren. „Wegen Olympia werden hier gerade 22 Hotels umgebaut“, sagt Alessandro Benetton, Präsident der Ski-WM-Organisation. „Für Cortina und die Region sind diese Veranstaltungen enorm wichtig“, sagt Benetton.

[Dieser Artikel erschien zuerst auf kurier.at.]

Dass die Olympischen Winterspiele dem Ort guttun werden, ist unbestritten. Ob sie auch dem Sport guttun werden, das darf bezweifelt werden. Denn die Athleten und Fans werden 2026 Winterspiele erleben, wie es sie in dieser Form noch nie gegeben hat: Winterspiele der weiten Wege. Winterspiele, bei denen sich die Athleten wie bei einem Weltcup fühlen. Cortina d’Ampezzo ist nur der olympische Juniorpartner von Mailand. 400 Kilometer trennen die beiden Hauptorte, die längst nicht die einzigen Destinationen der Winterspiele sind.

Kann überhaupt ein Olympia-Flair aufkommen?

Die einzelnen Olympia-Schauplätze sind quer über ganz Norditalien verteilt, die Veranstaltung findet in gleich vier verschiedenen Provinzen statt (Lombardei, Trentino, Veneto und Südtirol). Ob so ein Olympia-Flair aufkommen kann? Besonders umstritten sind die Skiwettbewerbe. Die Frauen fahren in Cortina, die Männer im mehr als fünf Autostunden entfernten Bormio.

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Doch so verständlich die Forderungen auch sein mögen, die Skiwettbewerbe in Bormio oder Cortina zusammenzulegen, so unrealistisch erscheint es. Mailand-Cortina 2026 lautete der offizielle Name der Olympia-Bewerbung, deshalb müssen die Wettkämpfe auch auf beide Hauptorte aufgeteilt werden. Die Bewohner Cortinas würden kaum auf die Frauen-Rennen verzichten und sich mit Curling und den Bob- und Rodelrennen abspeisen lassen. Diese Disziplinen sollen ebenfalls in Cortina stattfinden, sofern der Eiskanal Pista Olimpica Eugenio Monti erneuert wird. Zwischenzeitlich war auch schon die Rede davon, auf den Eiskanal in Igls auszuweichen.

So verschlungen und weit die Wege bei den Winterspielen 2026 auch sind, das Internationale Olympische Komitee (IOC) muss froh sein, dass sich überhaupt noch ein Land findet, das Winterspiele austragen will. Ursprünglich hätte Innsbruck-Tirol ein vielversprechender Gegenkandidat für Cortina sein sollen. Die Bevölkerung sprach sich allerdings gegen die Spiele aus.

Christoph Geiler

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