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Riesch

© dpa

Ski-WM: Maria Rieschs schönster Tag

Maria Riesch schien ihre Sicherheit verloren zu haben – im entscheidenden Moment kehrt sie zurück.

Den Zeitpunkt ihrer Präsentation in Val d’Isere hätte die Delegation des nächsten WM-Gastgebers gar nicht besser wählen können, denn die wichtigste Werbeträgerin von Garmisch-Partenkirchen erschien in der Lounge des größten Sponsors als frischgebackene Weltmeisterin. Maria Riesch bekam ein originelles Trikot überreicht, auf der einen Seite die Startnummer „2009“ aufgedruckt, auf der anderen „2011“. Weitere Aufmerksamkeiten werden folgen. „Ich kann ihr kein Grundstück schenken und sie nicht zur Ehrenbürgerin machen“, meinte der Garmischer OK-Chef Peter Fischer, „aber ich hoffe, der Bürgermeister wird sich was einfallen lassen.“ Ganz bestimmt, denn Maria Riesch ist die erste alpine Weltmeisterin, mit der sich Garmisch-Partenkirchen nun schmücken darf.

Lindsey Vonn kam auch noch vorbei, um mit ihrer Freundin zu feiern. Später stand noch der obligatorische Triumphzug zu den Österreichern an. Die hatten im Slalom nicht mal eine Läuferin ins Finale gebracht. Bis tief in die Nacht tanzten Riesch und Vonn zu Mitgröl-Hits im österreichischen Haus. Dass Riesch, früher fünffache Junioren-Weltmeisterin, in Val d’Isere noch so einen festlichen Abschluss mit dem großen Titel bei den Erwachsenen erleben durfte, konnte sie selbst kaum glauben. „Sportlich ist das der schönste Tag in meinem Leben“, sagte Riesch. Ein historischer noch dazu. Als letztmals eine deutsche Skifahrerin zur Slalom-Weltmeisterin gekürt wurde, war Maria Riesch noch nicht mal grob in Planung. Rosi Mittermaier hieß die Dame, die 1976 den Titel gewann.

Das Drehbuch mit Maria Riesch in der Hauptrolle hätte bei diesen Weltmeisterschaften nicht perfekter inszeniert werden können. Mit einem Rucksack voll Erwartungen war Maria Riesch vor zwei Wochen nach Val d’Isere gereist, dann drohten die Titelkämpfe zur Nullnummer zu werden. Erst die Tränen nach dem Sturz im Abfahrtstraining, den Schmerzen folgten Verunsicherung, eine leichtfertig verschenkte Medaille in der Kombination, Missgeschicke in Abfahrt und im Riesenslalom. „Eine gewisse Sicherheit ist ihr vorher schon verloren gegangen. Da waren vier Niederlagen, vier Niederlagen, die voll ins Gesicht gingen“, sagt Alpin-Direktor Wolfgang Maier. „Mit einer Medaille konnte man im Slalom schon rechnen, aber wenn einer gesagt hätte, sie holt Gold, dann hätte er gelogen.“

Im entscheidenden Moment fand Riesch aber zu jener Selbstsicherheit zurück, mit der sie zuletzt vier Slaloms in Serie gewann. „Es war wie damals. Man fährt los und alles geht wie von alleine.“ Nach dem ersten Lauf als Sechste in Lauerstellung, zauberte die 24-Jährige im Finale einen Traumlauf herunter. Unglaublich fand das Cheftrainer Matthias Berthold, „wenn man bedenkt, was für ein Druck auf diesem Mädel lastete“. Wohl auch deshalb wurde Rieschs Sieg nach dem Rennen so ausgiebig gefeiert: Mutter Monika und Papa Sigi vergossen Freudentränen und knipsten pausenlos Erinnerungsfotos, Fanny Chmelar, deren toller achter Platz im großen Trubel irgendwie unterging, und Schwester Susi Riesch (ausgeschieden) trugen die Weltmeisterin auf den Schultern durchs Ziel. Dabei hätte sich Maria Riesch schon mit weniger begnügt: „Mit einer Medaille wäre ich zufrieden gewesen. Dass es Gold wird, ist ein Traum. Alle Schmerzen sind jetzt wurscht.“

Auch Alpinchef Wolfgang Maier biss auf die Zähne und stand tapfer die zweite deutsche Goldfeier innerhalb von 48 Stunden durch. Er tat es gern: „Wenn mir jemand gesagt hätte, wir holen zwei Goldmedaillen, hätte ich die ganze Welt umarmt.“

Jörg Köhle[Val d’Isere]

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