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Skispringen: Adler ohne Aufwind

Die Siegchancen bei der Vierschanzentournee sind gleich Null, die Prognosen für die Zukunft düster: Deutschlands einst vom Erfolg verwöhnte Skispringer steuern ungebremst in eine dauerhafte Krise.

Engelberg - "Es wird immer wieder alles an den Erfolgen der Vergangenheit aufgehängt. Wir haben aber nicht mehr das Potenzial und keinen Siegspringer. Wenn erst einmal ein Loch da ist, kannst du es nicht in zwei Jahren stopfen. Es dauert so lange, wie es entstanden ist", schätzt Bundestrainer Peter Rohwein die prekäre Lage realistisch ein.

Seit dem Sieg von Michael Uhrmann 1996 wartet der Deutsche Skiverband (DSV) bei Junioren-Weltmeisterschaften vergeblich auf eine Einzel-Medaille. Diese Misere im Nachwuchsbereich ist nach dem Karriere-Ende von Sven Hannawald, der mit seinen Triumphen vieles überdeckte, mehr als deutlich. Der letzte deutsche Weltcupsieg durch Uhrmann liegt mittlerweile fast drei Jahre zurück.

Es fehlen die Talente

Die Ursachen dafür sieht Rohwein in den Versäumnissen der Vergangenheit. "Für mich ist es unbegreifbar, dass in den Hochzeiten des Skisprungs nichts getan wurde. Während in einer damaligen Randsportart wie der Nordischen Kombination so gewirbelt wurde, dass heute nicht mal alle Auswahlkader am Weltcup teilnehmen können, fehlen uns die Talente", klagt Rohwein.

Weil dies so ist und zu allem Übel auch noch ein Leistungsträger wie Michael Neumayer mit einem Kreuzbandriss langfristig ausfällt, sind die Möglichkeiten des Allgäuers, innerhalb des Teams Druck aufzubauen, nicht vorhanden. Der wegen der ausbleibenden Erfolge in die Kritik geratene Coach muss aus diesem Grund einen Mann wie Georg Späth, der seit Monaten völlig neben sich steht, durchschleppen und ganz auf die Routiniers Uhrmann und Martin Schmitt setzen.

Uhrmann: An die Tournee-Gesamtwertung ist nicht zu denken

Die beiden 28-Jährigen sind die einzigen im Team, die konstant unter die Top 15 springen können. Von Podestplatzierungen oder gar Siegen sind aber auch sie derzeit meilenweit entfernt. "An die Tournee-Gesamtwertung brauche ich gar nicht zu denken", räumt Uhrmann ein. Dabei gilt er trotz des schwachen Saisonstarts als einziger Hoffnungsträger im deutschen Team. "Wir haben nur Uhrmann als potenziellen Podestspringer. Die anderen sind nicht so weit", redet Rohwein Klartext.

Um aus dem Tal heraus zu kommen, setzt der DSV den Hebel an der Basis an. "Wir müssen gezielter fördern und die Stellen mit den richtigen Leuten besetzen, die einschätzen, welcher Athlet Chancen hat, oben anzukommen. Da haben wir geschlafen", erklärt der Bundestrainer. Bis die im Sommer eingeleiteten strukturellen Veränderungen greifen, muss sich Rohwein mit den begrenzten Möglichkeiten begnügen. "Es wird immer davon ausgegangen, dass jeder deutsche Sportler in der Lage ist, zu gewinnen. Das ist unrealistisch. Man kann aus einem Trabi keinen Ferrari machen", sagt der Coach. (Von Eric Dobias, dpa)

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