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Iraschko

© dpa

Skispringen: Auch Frauen können fliegen

Beim WM-Debüt der Skispringerinnen ärgern sich die Deutschen über die Stürze zweier Schülerinnen.

Der erste Wettbewerb bei der Nordischen Skiweltmeisterschaft in Liberec war noch nicht gestartet, als am Informationsschalter in der Tipsport-Arena bereits die spektakulärsten WM-Fotos aushingen. Abgesehen vom Sänger Karel Gott, der bei der Eröffnungsfeier die tschechische Nationalymne zum Besten gegeben hatte, und der weinroten Fliege des Liberecer Bürgermeisters bildeten die Fotos der 14 Jahre alten tschechischen Skispringerin Lucie Mikova den Blickfang der Schautafel. Eine Bilderserie breitete ihren Sturz vom Vortag genüsslich aus. Ähnlich war es ihrer Landsfrau oder besser ihrem Landsmädchen Natalie Dejmkova ergangen. Die nur 12 Jahre alte Schülerin war am ersten Trainingstag nach einem peinlichen Hüpfer auf 33 Meter gestürzt. Beide Mädchen verletzten sich nur leicht, der ideelle Schaden aber war groß.

Der Weltrekord liegt bei 200 Meter

„Das ist nicht gut für unsere Sportart, was da abgelaufen ist“, sagt die deutsche Skispringerin Ulrike Gräßler. Eigentlich soll die heutige Premiere des Frauenskispringens (10.30 Uhr, live in ARD und Eurosport) bei der Nordischen Skiweltmeisterschaft mit den Vorurteilen aufräumen, die sich ums Frauenskispringen ranken. Das kurioseste wird dem amtierenden Präsidenten des Weltskiverbandes zugeordnet. Gian-Franco Kasper soll vor Jahren gesagt haben, dass Frauen nicht für das Skispringen geeignet seien, weil es ihnen bei der Landung die Gebärmutter zerreiße. Doch längst zeigen die weltweit rund 500 skispringenden Frauen, wie schwachsinnig dieser Satz war. Die Österreicherin Daniela Iraschko landete mit einem Flug auf 200 Meter sogar einen spektakulären Weltrekord. Liberec ist nun ein weiterer Schritt zur Gleichberechtigung auf der Schanze.

Noch nicht olympisch

„Ich finde es riesig, dass das Frauenskispringen so eine Chance bekommt“, sagt Horst Hüttel, Sportlicher Leiter im Deutschen Skiverband (DSV), „das ist etwas Historisches.“ Nun können auch die fliegenden Frauen den Medaillenspiegel bereichern. „Ich hoffe auf eine Signalwirkung“, sagt Ulrike Gräßler, „vielleicht wird nun auch anderen Nationen bewusst, dass man damit auch Medaillen gewinnen kann.“ Dem Frauenskispringen fehlen allerdings noch die olympischen Weihen. Das Internationale Olympische Komitee hat den springenden Frauen die Teilnahme in Vancouver 2010 verwehrt, im April wird deshalb in Kanada über eine Diskriminierungsklage kanadischer und amerikanischer Springerinnen entschieden. Die Chancen auf eine Zulassung per Gerichtsentscheid sind gering, doch das Debüt als Olympia-Demonstrationswettbewerb könnte Lohn der Mühen sein.

Die Frauen brauchen mehr Anlauf

Die 21-jährige Bundespolizistin Ulrike Gräßler hat wie die anderen drei deutschen Springerinnen Medaillenchancen. Zu den Männern gibt es keinen bedeutsamen Unterschied. „Wir brauchen aufgrund der unterschiedlichen körperlichen Voraussetzungen lediglich mehr Anlauf“, sagt Gräßler. Auch weiblichere Anzüge benötige sie nicht, sagt Gräßler, „ich bin zum Skispringen da – und nicht um gut auszusehen“. Die Vergleiche mit den Männern kann sie nicht mehr hören, „in anderen Sportarten passiert das doch auch nicht“.

Umso trauriger ist, dass das WM-Debüt in Liberec mit dem Sturz einer 12-Jährigen begonnen hat. „Das ist ärgerlich, weil das der erste Eindruck war“, sagt Gräßler. Sie hofft, dass die Verantwortlichen nicht mehr jeden auf eine WM-Schanze lassen. Und auf den heutigen Wettbewerb: „Ich hoffe, dass die Leistungen besser werden und dass das dann in den Köpfen hängen bleibt.“ Und dass diese Bilder ebenfalls an der Schautafel im Informationszentrum ausgehängt werden.

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