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Skispringen: Der perfekte Flug

Mit Höchstnoten gewinnt der Österreicher Loitzl die Vierschanzen-Tournee. Martin Schmitt landet auf Rang vier.

Es gibt zwei Möglichkeiten herauszufinden, wie der Schnee im Auslaufraum unterhalb der Paul-Außerleitner-Schanze von Bischofshofen schmeckt. Eine wäre mittels eines Sturzes unfreiwillig Kontakt mit dem nassen Untergrund aufzunehmen, eine Methode freilich, die sich vor allem für Skispringer nicht empfiehlt. Die bessere Möglichkeit hat der Österreicher Wolfgang Loitzl am Dienstagabend vorgeführt. Unter dem Jubel von 25 000 Zuschauern und nachhaltiger Aufforderung der Fotografen ging der österreicherische Skispringer auf die Knie und küsste den Schnee. Er dürfte ihm gefallen haben.

Wolfgang Loitzl hat nach zwei großartigen Sprüngen auf 142,5 und 141,5 Meter das vierte Springen der Vierschanzen-Tournee gewonnen – und damit auch die gesamte Tournee. „Ich bin sprachlos“, sagte der 28-Jährige, „ich hätte nie gedacht, dass das so schnell und so einfach geht.“ Auf Platz zwei in Bischofshofen sowie der Gesamtwertung sprang der Schweizer Simon Ammann, der die Überlegenheit seines größten Kontrahenten anerkennen musste. „Meine Form war gut, aber sie war nicht Extraklasse“, sagte der Schweizer, „Wolfgang Loitzl hatte einfach einen Lauf.“ Martin Schmitt bestätigte mit Rang fünf in Bischofshofen und Rang vier im Gesamtklassement seine gute Form. „Er ist wieder auferstanden“, sagte Michael Uhrmann, der auf Platz 8 gesprungen war. Michael Neumayer (6. Platz) und Stephan Hocke (15. Platz) komplettierten ein erfreuliches deutsches Ergebnis (siehe nebenstehenden Bericht).

Vor der Vierschanzen-Tournee hatte Wolfgang Loitzl noch das Etikett eines ewigen Zweiten angehaftet. Und im ersten Springen in Oberstdorf hatte er das auch noch bestätigt, als ihm nur 1,2 Punkte auf dem ersten Platz fehlten. Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass er damit auch hauchdünn am Rekord von Sven Hannawald vorbeigesegelt war, der bisher als einziger alle vier Springen der Tournee gewonnen hatte. „Was der Wolfgang Loitzl geschafft hat, ist auch einmalig“, sagte der österreichische Cheftrainer Alexander Pointner, „vor der Tournee hatte er noch keinen Sieg, und jetzt hat er drei.“ Loitzl siegte in Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck und am beeindruckensten in Bischhofshofen.

"Ein sportgeschichtliches Ereignis"

Nicht nur, dass er in beiden Durchgängen alle anderen Springer mindestens um einen Meter abhängte. Er erhielt auch für seine vorbildliche Haltung und die saubere Telemark-Landung in beiden Sprüngen neunmal die 20,0. Nach dem ersten Sprung hatten alle fünf Punktrichter die Höchstnote gezogen, weshalb Wolfgang Loitzl beruhigt in den zweiten Durchgang gehen konnte. Beim zweiten verweigerte sich nur ein Punktrichter der Höchstnote. Besser geht es eigentlich nicht mehr, es waren die perfekten Flüge. „Das war das i-Tüpfelchen“, sagte Wolfgang Loitzl. Der österreichische Sportdirektor Toni Innauer, der in seiner Karriere ebenfalls einmal fünfmal eine 20,0 erhalten hat, sagte: „Das war heute ein sportgeschichtliches Ereignis.“

Das wussten auch Simon Ammann und Gregor Schlierenzauer, der in der Gesamtwertung Rang drei belegt. Unmittelbar nach der Landung hoben sie Wolfgang Loitzl auf ihre Schultern und präsentierten ihn dem Publikum. Eigentlich hätte Simon Ammann gerne oben gesessen. „Natürlich ärgert mich das“, sagte der Schweizer, der fünf von acht Weltcupsspringen gewonnen hatte – bis Loitzls Siegesserie begann.

In der Vergangenheit hatte sich der zurückhaltende Familienvater immer zu früh mit zweiten Plätzen und seiner Rolle als Lokalheld zufrieden gegeben. Österreichs Trainer Alexander Pointner sagte: „Die Leute in Bad Mitterndorf haben ihm auf die Schultern geklopft und gesagt: Super, Wolfi, du bist unser Bua.“ Seit gestern klopft ihm ganz Österreich auf die Schultern.

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