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Slomka unter Druck: Hannover 96 selbstkritisch: So gewinnt man gegen niemanden

Herthas Abstiegskonkurrent Hannover 96 gibt sich nach dem 1:4 gegen den 1. FC Köln selbstkritisch – auch Trainer Mirko Slomka gerät unter Druck.

Von Christian Otto

Kleinlaut und mit gesenkten Köpfen schlichen die Spieler zurück ins sichere Stadion. „Uns allen war klar, dass wir uns stellen müssen. Jeder von uns sollte in den Spiegel schauen“, sagte Leon Andreasen, der Däne im Team von Hannover 96. Es waren die eigenen Fans, die Hannovers Profis am Samstagabend einen Spiegel vorgehalten haben. „Was macht Ihr eigentlich die ganze Woche über? Ihr verdient so viel Kohle“, rief einer der rund 200 aufgebrachten Anhänger, die sich nach der 1:4 (0:3)-Heimniederlage gegen den 1. FC Köln am Zaun hinter der Osttribüne des Stadions versammelt hatten. Es gab akuten Gesprächsbedarf mit einem Team, das sich mit einer erschreckend schwachen Leistung erneut für den Abstieg aus der Fußball-Bundesliga empfohlen hat.

Die Spieler und das gesamte Trainerteam um Mirko Slomka bewiesen Mut, als sie sich zu den Fans begaben. Nach Rücksprache mit dem angerückten Sicherheitspersonal und Frank Watermann, dem umsichtigen Fanbeauftragten von Hannover 96, war das Stadiontor geöffnet worden. Was die Mannschaft inmitten der 200 frustrierten Anhänger zu hören bekamen, war wenig freundlich. Aber der offene Dialog zwischen Fans und Profis hat offenbar zur Beruhigung der brisanten Situation beigetragen.

"So gewinnt man gegen niemanden."

Was sich Hannovers Team im so wichtigen Heimspiel gegen die cleveren Kölner vor 43.218 Zuschauern erlaubt hatte, bringt Slomka und seine Spieler immer mehr unter Druck. Kapitän Hanno Balitsch, der nach einem Handspiel im eigenen Strafraum und einem Foul Sekunden vor der Halbzeitpause Gelb-Rot gesehen hatte, war noch der Meinung, dass man nach einer kämpferischen zweiten Halbzeit erhobenen Hauptes das Stadion verlassen könne. Sein Vorgesetzter sah das anders. „Was wir hier abliefern, reicht nicht für die Bundesliga“, sagte Sportdirektor Jörg Schmadtke. „So gewinnt man gegen niemanden.“ Schmadtke schloss bei seiner Generalkritik so entschlossen aus, dass mit Slomka auch der dritte Trainer in dieser Saison zur Debatte stehen könnte.

Angesichts des äußerst schweren Restprogramms mit Duellen gegen Hamburger, den FC Bayern, Schalke und Leverkusen in den kommenden vier Wochen wäre der Verbleib auf dem Relegationsplatz schon mehr als erstaunlich. „Wenn wir so weiterspielen wie gegen Köln, steigen wir ab“, sagte Andreasen. Und neben Sportdirektor Schmadtke war sich auch Trainer Slomka nicht zu schade, sich von der eigenen Mannschaft zu distanzieren. „Es ist sehr bedrückend und beängstigend, wie wir die erste Halbzeit abgeschenkt haben“, sagte er. Petit, Milivoje Novakovic per Handelfmeter und der zweimalige Torschütze Zoran Tosic hatten mit ihren Treffern dafür gesorgt, dass Köln auch ohne Lukas Podolski, der nur auf der Bank saß, frei von Abstiegssorgen und Hannover ein großer Problemfall bleibt. Als Steven Cherundolo in der 81. Minute per Freistoß für Hannover traf, war die Mehrheit der Fans schon nicht mehr im Stadion. Dass nach dem Abpfiff Gewalt und Eskalation verhindert werden konnten, sind die einzigen Pluspunkte, die Hannover 96 in diesen düsteren Tagen für sich verbuchen kann.

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