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Enges Rennen: Das Finale der Frauen im Snowboard-Cross am Freitag.

© Mike Blake/REUTERS

Snowboard-Cross bei Olympia: Jetzt bloß nicht wieder Gold verdaddeln

Snowboard-Cross ist Sport und Show gleichermaßen. Lindsey Jacobellis ist die beste Athletin - und eine tragische Heldin. Das zeigt sich auch am Freitag beim olympischen Finale.

Die Sonne strahlt am Freitagmorgen über den Bergen von Pyeongchang. Die Menschen drängeln sich auf der Zuschauertribüne im Phoenix Snow Park und im Raum vor dem Zieleinlauf. Bässe wummern aus den Lautsprechern, der Blick auf die hügelige Piste oder zumindest das Ende davon ist einwandfrei. Die Fahrerinnen sind allerdings auch kurz vor der blauen Ziellinie im Schnee für die meisten der vielen tausend Zuschauer als kleine hüpfende Punkte auszumachen. Aber die große Anzeigetafel hilft als Orientierungspunkt beim Snowboard-Cross, kurz und trendig als „SBX“ abgekürzt auf allen Anzeigen.

Am Freitag ist die Entscheidung bei den Frauen angesagt, für die Experten ist die Sache klar. Das muss diesmal das Ding von Lindsey Jacobellis werden. Die US-Amerikanerin aus dem Staate Connecticut ist die Favoritin, Serienweltmeisterin und der Star der Szene. Nur bei Olympia hatte Jacobellis weniger Glück bisher. 2006 in Turin verdaddelte sie mit einer überflüssigen Showeinlage im schon gefühlten Siegesrausch ihre Goldmedaille. Sie hatte einen Riesenvorsprung - und verschenkte sie beim letzten Sprung alles. Sie versuchte einen sogenannten „Grab“, stürzte aber beim Griff an das Brett. 2010 und 2014 scheiterte sie jeweils im olympischen Halbfinale - Jacobellis ist inzwischen 32 Jahre alt. Am Freitag ist das wohl ihre letzte Chance auf olympischen Ruhm.

Vor dem Zielbereich wird es zum Finale noch kuscheliger. Zu wenig Zuschauer bei den Spielen von Pyeongchang? Nicht beim Snowboard, da ist es eher zu voll. Unter den vielen Fans wird Englisch gesprochen. Südkoreaner sind in der Minderheit, US-Amerikaner und Kanadier in der Mehrheit. Aber auch Briten und Europäer, vor allem Italiener, Franzosen schauen in größeren Fangruppen vorbei, mit Fahnen und zum Teil in Eishockeytrikots oder Strickpullis in Landesfarben.

Die Kids und Berufsjugendlichen wollen werden wie Shaun White

Es sind die etwas anderen Olympischen Spiele hier, in jedem Fall werden sie hier different wahrgenommen als von vielen mittel- und nordeuropäischen Funktionären, die lieber an der Rodel- oder Langlaufstrecke stehen und Medaillen zählen als beim Snowboard im Schnee. Dafür spielt das traditionelle Olympia mit Biathlon oder Rodeln am Phoenix Snowpark für die Menschen keine Rolle, Biathletin Laura Dahlmeier oder Rodler Felix Loch, die deutschen Sporthelden, würde hier womöglich kein Zuschauer erkennen.

Die Kids und Berufsjugendlichen wollen werden sein wie Shaun White, Snowboard-Guru in der Halfpipe, oder eben so cool sein wie Lindsey Jacobellis. Und Dj Ötzi und „Hey Baby“ wie bei der Nordischen Kombination in Pyeongchang, schallen beim Snowboard-Cross auch nicht durch die Lautsprecher. Hier mixt ein eigener DJ gezielt Moderneres an.

Snowboard-Cross ist Liebe. Natürlich auch Zirkus. Artistik. Cooles Theater und Show. Die Hauptdarstellerinnen tragen buntes Outfit, lange wehende Haare und geflochtene Zöpfchen. Style spielt eine Rolle beim Snowboarden, der Rest, vom Skifahren bis zum Langlauf, ist ja für Oldschooler. Die bemängeln allerdings, dass die Show beim Snowboardcross eine zu große Rolle spielt.

Das Internationale Olympische Komitee hatte ja etwas länger gebraucht, um die Snowboarder ins Programm zu lassen. Erst 1998 in Nagano ging es endlich in die Halfpipe und auf die Buckelpisten. Seitdem hat sich viel getan, ist der Sport professioneller geworden, verdienen eine Stars wie Shaun White Millionen. Mit dem Parallel-Riesenslalom, dem Riesenslalom, der Halfpipe, dem Snowboardcross und dem Slopestyle sind derzeit fünf Disziplinen olympisch.

Lindsey Jacobellis ist wieder gefallen

Am Freitag geht im Phoenix Snow Park die Geschichte für Lindsey Jacobellis nicht gut aus. Sie wird nur Vierte, 0,03 Sekunden fehlen zur Dritten, der Tschechin Eva Samkova und auf Bronze. Es siegt die Italienerin Michela Moioli. Zweite wird eine 16 Jahre alte Französin, die deutsche Starterin Jana Fischer beendet den Wettbewerb leicht verletzt auf Platz 16.

Die Zuschauer jubeln und diskutieren noch lange aufgeregt im Zielbereich. Lindsey Jacobellis, die Heldin des Snowboard-Cross ist wieder gefallen, diesmal bildlich. Vor den Spielen hatte sie die Frau mit der imposanten Lockenpracht sich sogar einen prominenten  Mentalcoach geholt, auch das hat nicht geholfen. Lindsey Jacobellis ist die beste Cross-Snowboarderin der Welt, doch womöglich wird sie das Malheur von Turin 2006 bei Olympischen Spielen nicht mehr gut machen können – aber es zeigt auch, wie sehr diese Sportart gewachsen ist.

Im Snowboard gibt es sie nun auch die tragischen oder großen Sportgeschichten. Daran war vor 20 Jahren nicht zu denken, bei der Premiere bei den Spielen wirkte es beim bunten Völkchen im Snowboard mitunter so, als sei nur der Style wichtig. Damals in Nagano war der Irokesenschnitt bei den Athleten noch besonders beliebt, da wirkte es mitunter für Menschen mit Vorurteilen so, als hätten sich ein paar Freunde rauchbarer Drogen in der Halfpipe verirrt. Aber die Zeiten sind lange vorbei. Die Sportart ist groß geworden.

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