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Sport: „So ein bisschen Patriot ist man ja immer“

Der Berliner Radprofi Jens Voigt siegt auch im Zeitfahren und dürfte heute in Karlsruhe die Deutschland-Tour gewinnen

Die Zuschauer entlang der Zielgeraden in Bad Säckingen jubelten. Auch im Saal gab es Beifall, als er zur Pressekonferenz kam. In den schwierigsten Zeiten des deutschen Radsports gibt es nach dem gefallenen, dopingverdächtigen Jan Ullrich wieder einen Radhelden: Jens Voigt. Mit heraushängender Zunge war er über die Ziellinie gefahren. Er hatte im Kampf gegen die Uhr und gegen Levi Leipheimer noch einmal alles aus seinem Körper und seinen Beinen herausgeholt, obwohl diese außergewöhnliche Anstrengung eigentlich gar nicht mehr nötig gewesen wäre. Aber das verlangt nun einmal der Charakter des 34-Jährigen aus dem dänischen CSC-Team: Kämpfen bis zum letzten Meter.

Jens Voigt gewann in Bad Säckingen das 38,2 Kilometer lange Zeitfahren der Deutschland-Tour, verteidigte mit seinem dritten Etappensieg das Gelbe Trikot und dehnte vor der letzten Etappe über 172 Kilometer heute nach Karlsruhe seinen Vorsprung auf so gut wie uneinholbare 1:38 Minuten gegenüber dem Vorjahrssieger Leipheimer vom Team Gerolsteiner aus. Wenn nicht noch etwas Außergewöhnliches passiert, dürfte der Sieger der Deutschland-Tour Jens Voigt heißen.

Der Berliner freundete sich zumindest mit dem Gedanken an, heute in Karlsruhe die 1361,8 Kilometer durch Deutschland samt Abstecher nach Österreich als Schnellster zu beenden. „Na ja, man soll den Tag nicht vor dem Abend loben“, sagte er, „ich habe aber einen recht komfortablen Vorsprung und die Mannschaft ist stark motiviert. Wenn ich nicht stürze, sieht es sehr gut aus für mich.“ Später kam er dem Siegesgedanken noch näher. „Ich bin stolz, dass ich als Deutscher die Deutschland-Tour gewinnen kann. So ein bisschen Patriot ist man ja immer."

Jens Voigt legte vom Start weg gleich ein hohes Tempo vor, um sich selbst zu motivieren, wie er sagte, und die Gegner einzuschüchtern. Als er an der Wendemarke fast 40 Sekunden Vorsprung hatte, sei er sich seines Sieges so gut wie sicher gewesen. Am Ziel hatte der 1,92 Meter große Radprofi die Strecke hin und zurück entlang des Oberrheins in 45:03 Minuten zurückgelegt mit einem Durchschnittstempo von 50,876 Stundenkilometern. Voigt hatte die Konkurrenz deklassiert. Der Zweite, der ungarische Zeitfahrspezialist Laszlo Bodrogi, war schon 1:03,19 Minuten langsamer. Der Deutsche Meister Sebastian Lang wurde mit 1:14,76 Minuten Rückstand Dritter, war aber bei einem Überholmanöver von einem Begleitauto behindert worden.

Der Zweite im Gesamtklassement, Levi Leipheimer, beendete das ungleiche Duell gegen Voigt auf diesem Terrain mit 1:14,93 Sekunden Rückstand als Fünfter. „Der flache Kurs ohne Kurven lag mir“, sagte Voigt, „da muss man nur treten, treten, treten.“

Vergleicht man sein Abschneiden bei der großen Tour de France mit der kleinen deutschen Schwester, könnte man meinen, Voigt hat sich in Frankreich für Deutschland in Form gefahren. In Paris lag er nach der Schlussetappe auf Rang 53 - eineinhalb Stunden langsamer als Leipheimer, der 13. wurde. „Ich habe mir gesagt, du fährst nach der Tour einfach weiter, bis der Körper explodiert und du sagst, okay, stopp, Saisonende.“

Allerdings fährt in diesen Zeiten der Dopingskandale der Verdacht immer mit. Jens Voigt ist sich dessen bewusst: „Damit müssen wir leben“, sagte er, „wer sehr gut fährt, kommt automatisch so ein bisschen unter Verdacht.“ Für seine Person weist er alle Verdächtigungen von sich. „Ich weiß, was ich mache, und von daher habe ich damit kein Problem, die Leute können reden, was sie wollen.“

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