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Sport: So jung und schon so zäh

Der 19 Jahre alte Dimitri Owtscharow führt die deutschen Tischtennisspieler zum 3:2 gegen Österreich und ins WM-Viertelfinale

Nach dem verwandelten Matchball von Jörg Roßkopf spurtet Dimitrij Owtscharow als erster Spieler auf den Altmeister zu und fällt ihm um den Hals. Mit Roßkopfs Sieg zum 3:2 gegen Österreich sind die Deutschen gerade ins Viertelfinale der Mannschafts-Weltmeisterschaft in Guangzhou eingezogen. „Wahnsinn, wie Rossi das gemacht hat“, sagt der 19-jährige Owtscharow über seinen 19 Jahre älteren Kollegen. „Mit Österreich haben wir eigentlich das schwerste Los für das Achtelfinale bekommen.“ In der Runde der letzten Acht treffen die Deutschen nun auf den WM-Zweiten Südkorea (heute, 12.30 Uhr deutscher Zeit).

Der jüngste Spieler hatte den ersten Punkt geholt, der älteste den letzten, und zwischendrin gewann auch noch der 20 Jahre alte Patrick Baum. Rekordnationalspieler Roßkopf war zwar letztlich der Matchwinner, der dem enormen Druck im Entscheidungsspiel gegen den Weltklasse-Abwehrspieler Chen Weixing standhielt. Doch die dominierende Figur im deutschen Team ist ein anderer: sein erster Gratulant Dimitrij Owtscharow.

Dass die Deutschen überhaupt ins Achtelfinale eingezogen sind, verdanken sie zu genau zwei Dritteln dem Düsseldorfer. Mit dem verletzungsbedingtem Verzicht von Deutschlands Nummer eins Timo Boll rutschte der Weltranglistenfünfzehnte Owtscharow in die Rolle des Spitzenspielers. Und dieser Aufgabe wurde er in China vollauf gerecht. In den ersten drei Gruppenspielen holte er jeweils zwei von drei Punkten. „Ich weiß, ich sage das immer, aber ich versuche mir keinen Druck zu machen.“

Owtscharow, geboren in Kiew, ist bislang die Entdeckung dieser WM. Zwar wusste man um das große Potenzial des EM-Ditten, doch bisher konnte er in Bolls Schatten unbeschwert an die Platte gehen. Siege wurden von ihm bisher erhofft, nicht erwartet. In Guangzhou ist das anders. Doch der 19-Jährige vertritt Boll bislang, als ob es für ihn eine Selbstverständlichkeit wäre. Spielerisch mit weniger Talent ausgestattet als Boll, verfügt Owtscharow jedoch über eine andere, sehr wichtige Eigenschaft. „Was Dima ausmacht ist seine enorme Zähigkeit und die Bereitschaft, um jeden Ball zu kämpfen“, lobt Herren-Bundestrainer Richard Prause. Während gerade die jungen Spieler meist mit hohem Risiko zum schnellen Punktgewinn kommen wollen, verfolgt Owtscharow einen anderen Weg: Er ist wie eine Biene auf einem Obstkuchen. Man kann sie zwar verscheuchen – los wird man sie nie. Sie kommt immer wieder zurück.

Mit seinem Kämpferherz hat er auch gegen Chen Weixing den wichtigen Punkt zum 1:1 gegen Österreich geholt und die Mannschaft mitgerissen. Weil sich in China auch noch Bastian Steger und Christian Süß verletzt haben, besteht die deutsche Mannschaft derzeit nur aus drei einsatzfähigen Spielern. „Wir sind aber keine Rumpftruppe“, sagt Owtscharow fröhlich, „wir brauchen doch nur drei Spieler, um Weltmeister zu werden.“

Jörg Petrasch[Guangzhou]

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