zum Hauptinhalt
Ballverliebt. Marco Reus hat die Hälfte der 20 Gladbacher Tore erzielt. Doch der Erfolg lässt sich nicht auf ihn reduzieren. Foto: dpa

© dpa

Sport: So schlägt man die Gladbacher nicht

Der Überraschungsdritte berauscht sich am eigenen Spiel – Trainer Favre erklärt den Drei-Etappen-Plan

Nachdem er und all die anderen Bremer von ihren Mönchengladbacher Gastgebern beim 0:5 so furchtbar bloßgestellt worden waren, zog Marko Arnautovic persönliche Konsequenzen. Wer auf dem Platz derart lächerlich gemacht wird, kann sich nachher auch mit einer albernen Wollmütze auf dem Kopf davonmachen, dachte sich Werders österreichischer Angreifer vermutlich. Und so verließ Arnautovic den Borussia-Park mit einer grau-braunen, steil aufragenden Kopfbedeckung – als sei er geradewegs Otto Waalkes’ Film „7 Zwerge – Männer allein im Wald“ entstiegen.

Zunehmend vereinsamt fühlten sich die Norddeutschen im niederrheinischen Flachland allemal. Allen voran ihr Trainer Thomas Schaaf, der sich beim Gang zur Pressekonferenz wie ein Ertrinkender an den erfolgreichen Kollegen Lucien Favre klammerte. Kurz darauf lobte Schaaf dann dessen „fantastische Arbeit“ in Gladbach, die dazu geführt hat, dass Borussias Kicker exakt das umsetzen, was der gewissenhafte Übungsleiter aus der Schweiz von ihnen verlangt.

Der erstaunliche Lohn für so viel Folgsamkeit: Beim rheinischen Derby am Freitag in Köln kann Favres Elf, Beinaheabsteiger im Mai, vorübergehend sogar die Tabellenspitze erklimmen. Werders Geschäftsführer Klaus Allofs schluckte: „Das war eine Demonstration der Gladbacher – und eine Lehrstunde für uns.“

Vorgeführt bekamen die hilflosen Gäste dabei nicht nur das neue Torjubeltänzchen der Gladbacher, das sich der erneut überragende Vortänzer Marco Reus auf Youtube bei Brasiliens Jungstar Neymar abgeschaut hatte. Sondern ein borussisches Gesamtkunstwerk, das längst nicht mehr auf Reus, Schütze der Treffer zwei bis vier, reduziert werden kann. „Der Trainer verlangt immer sehr viel von uns, auch im taktischen Bereich – das zahlt sich aus“, sagte Mittelstürmer Mike Hanke, der mit seinem enormen Fleiß viele Räume schafft und viele brauchbare Pässe abliefert, so dass seine eigene Null-Treffer-Quote in Gladbach niemanden juckt.

Schon gar nicht Chefkonstrukteur Favre, der wertvolle Mosaiksteinchen wie Hanke zu schätzen weiß – und sieht, wie sich an Borussias stetig wachsender Spielfreude so manches Teammitglied infiziert. „Nicht nur mir, uns allen hat es heute Spaß gemacht“, schwärmte Reus, der die Hälfte der 20 Gladbacher Saisontore erzielt hat. Ehe er wieder einmal laut über die verschärften Sirenengesänge aus München nachdachte: „Ich fühle mich wohl hier, mehr gibt es dazu nicht zu sagen.“

„Wollt ihr jetzt die ganze Liga auseinandernehmen?“, erkundigte sich Werders Lukas Schmitz beim Trikottausch mit Reus, während Lucien Favre dazu überging, die Grundpfeiler seiner Arbeit darzulegen: „Auf der ersten Etappe haben wir gelernt, grundsolide zu stehen. Und auf der zweiten Etappe, mehr Chancen zu kreieren.“ Tja, und was kommt als nächstes? Favre holte kurz Luft: „Die dritte Etappe haben wir geschafft, wenn wir mal schlecht spielen – und trotzdem gewinnen.“ Sollte ihnen das schon am Freitag gelingen, hätten die Gladbacher vermutlich nichts dagegen.

Zur Startseite