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Sport: Sorge um den Nachwuchs

Detlef Schrempf kritisiert den deutschen Basketball

Berlin – Zu Beginn der Achtzigerjahre machte sich der Basketball-Trainer der B-Jugend von Bayer 04 Leverkusen über einen seiner Spieler eine Notiz. „Er hat eine hervorragende Perspektive, er wird mit Sicherheit ein guter National- und Bundesligaspieler.“ Aus heutiger Sicht gibt der aktuelle Manager des Klubs, Otto Reintjes, zu: „Leider falsch eingeschätzt.“ Der junge Spieler hieß Detlef Schrempf, und spielte später nicht in der Bundesliga – sondern 16 Jahre lang in der besten Basketball-Liga der Welt, der NBA. Das war die Zeit, als die Bundesligavereine anfingen, aussichtsreichen Nachwuchs hervorzubringen.

Diese Zeit ist bereits wieder Vergangenheit. Wenn heute die deutsche Nationalmannschaft in der Hamburger Colorline-Arena (14.30 Uhr, live im DSF) gegen Bosnien-Herzegowina spielt, wird ein Team auftreten, das seit 1999 in annähernd derselben Formation aufläuft. Bei der Europameisterschaft in Serbien-Montenegro vom 16. bis 25. September werden die Spieler, die einst als „junge Wilde“ bezeichnet wurden, die ältesten sein. Es fehlt an Nachwuchs. Ausgerechnet in diesem Moment hat die Basketball-Bundesliga die Ausländerbeschränkung aufgehoben. Eine Entscheidung, die bei den Nationalspielern Unmut ausgelöst hat. Sie wollen heute protestieren, indem sie beim Aufwärmen ein T-Shirt tragen, auf dem „Made in Germany“ steht. Zudem gründen sie gemeinsam mit dem Deutschen Basketball-Bund (DBB) ein Förderprogramm für den Nachwuchs. Jeder Nationalspieler soll die Patenschaft für ein junges Talent übernehmen.

Detlef Schrempf unterstützt solche Ansinnen. Der erste Europäer, der 1993 beim All-Star-Game der NBA mitspielen durfte, kritisiert auch die neue Regelung. Der 42-Jährige lebt seit Jahren in Seattle, doch er beobachtet die deutsche Basketballszene genau. Vor einigen Wochen trainierte er im „Adidas-Camp“ in der Berliner Max-Schmeling-Halle europäische Talente. „War es eine intelligente Entscheidung für den deutschen Nachwuchs?“, fragt er und gibt gleich selbst die Antwort. „Auf keinen Fall. Das ist wieder eine typische Entscheidung, die dem deutschen Nachwuchs nicht hilft.“ Aus finanzieller Sicht kann Schrempf den Schritt zwar verstehen, „aber du kannst nicht besser werden, wenn du nicht die Möglichkeit hast, oben mitzumachen“.

Schrempfs Interesse am deutschen Basketball überrascht. Schon 1992 spielte der gebürtige Leverkusener bei den Olympischen Spielen in Barcelona sein letztes von 71 Spielen für den Deutschen Basketball-Bund. Seitdem wird ihm ein gespanntes Verhältnis zum Verband nachgesagt. Er habe sich nicht genügend um sein Vermächtnis gekümmert, wird ihm vorgeworfen. „Ich habe dem DBB oft angeboten zu helfen“, widerspricht Schrempf. „Das Einzige, was die interessierte, war, ob ich spiele.“ Seine Idee, talentierte junge Spieler für einen Sommer oder ein Jahr nach Amerika zu holen, wurde nie in die Tat umgesetzt, „weil ich immer nur spielen sollte“.

Inzwischen kümmert er sich nicht mehr in erster Linie um Basketball. Seit gut zehn Jahren ist Schrempf, der auf dem College „International Business“ studiert hatte, als Anlageberater tätig. Zumeist erfolgreich. Im Sommer 2000 kaufte er allerdings 30 Prozent an dem inzwischen zweitklassigen französischen Basketball-Klub Olympique Antibes. Warum er ausgerechnet in Frankreich und nicht bei seinem alten Team in Leverkusen als Geldgeber auftrat, beantwortet er schlicht. „Da hat mich ja nie jemand gefragt.“ Den Scheck, den er mit dreijähriger Verspätung aus Antibes erhielt, konnte er nicht einlösen. „Der war nicht gut“, sagt er. Auch mit den Briefen kann er nichts anfangen, „die sind auf Französisch, und wenn ich anrufe, funktioniert die Telefonnummer nicht.“ Rückblickend gibt Schrempf zu, dass es wohl doch besser gewesen wäre, Leverkusen finanziell zu unterstützen. Dann hätte er auch selber etwas für den deutschen Nachwuchs getan.

Martin Fünkele

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