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Sport: Spätstarter auf dem Tennisplatz

Philipp Kohlschreiber spielt nun ohne Angst

Melbourne - Manchmal kann Philipp Kohlschreiber es kaum glauben. Wenn er im Hotel die Australian Open im Fernsehen verfolgt, erinnert er sich gelegentlich selbst: „He, da spiel ich auch.“ Gestern stellte der Bayer sicher, dass diese Verwunderung noch ein wenig anhält. Kohlschreiber profitierte beim Stand von 6:0, 2:0 von der verletzungsbedingten Aufgabe des Chilenen Nicolas Massu. Kohlschreiber hat nun in der Runde der letzten 32 am Samstag in seinem Spiel gegen den französischen Qualifikanten Jean-Rene Lisnard gute Chancen, das Achtelfinale zu erreichen.

Kohlschreibers Ankunft auf der großen Tennisbühne war früher erwartet worden. Schon vor seinem 15. Geburtstag debütierte er 1998 im Profitennis, aber erst im vergangenen Jahr stieß er unter die Top 100 vor. „Bei mir dauert halt alles etwas länger“, sagt er. Inzwischen sei er gereift, versichert er mit ernster Miene, was bei seiner jungenhaften Art etwas lustig wirkt. Was die Technik angehe, habe er ohnehin immer schon gute Voraussetzungen gehabt, und außerhalb des Courts sei er auch schon immer sehr selbstbewusst gewesen. „Nur auf dem Platz habe ich mich verkrochen.“ Das sei jetzt anders geworden, inzwischen habe er gelernt, dass man auch mal schauspielern müsse, wenn man sich nicht so gut fühle.

Ob er bei der nächsten, mutigen Aussage von seiner neugewonnenen Fähigkeit profitierte, war schwer einzuschätzen: „Jeder ist zu besiegen, wenn ich gut spiele. Nur vor Roger Federer hätte ich ein bisschen Angst.“ Sein gewachsenes Selbstbewusstsein auf dem Platz stellte er auch gegen Massu, den zweifachen Olympiasieger, unter Beweis. Gegen verletzte Gegner zu spielen, ohne sich aus dem Rhythmus bringen zu lassen, muss auch erst einmal gelernt werden. „Das hat er cool ausgenutzt“, lobte Daviscup-Kapitän Patrik Kühnen, der Kohlschreiber in diesem Jahr einen ähnlichen Sprung zutraut wie dessen Trainingspartner in Oberhaching, Florian Mayer, 2004 gelang.

Vorerst aber genießt Kohlschreiber die Grand-Slam-Atmosphäre, die er erst zum dritten Mal als Hauptfeld-Teilnehmer erlebt. Sein Ziel für dieses Jahr ist der Sprung unter die Top 50, denen er in Australien schon ein gutes Stück näher gekommen ist. Danach sei „nach oben alles offen“. Übereilen aber will er nichts. „Man muss ja nicht mit 18 die Nummer eins sein.“ Das wird er auch nicht mehr schaffen. Philipp Kohlschreiber ist bereits 21 Jahre alt.

Alexander Hofmann

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