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Sport: Spanien schämt sich

Vor dem Duell Barcelona gegen Madrid zeigt sich: Der nationale Fußball hat ein Rassismus-Problem

Ein glanzvolles Fest hatten die katalanischen Gastgeber zur 148. Ausgabe des großen Klassikers der spanischen Liga geplant. Mit einer eigens komponierten Hymne und einem riesigen Mosaik im Stadion Camp Nou sollten die Fans auf das Spiel FC Barcelona – Real Madrid eingestimmt werden. Doch kurz vor dem Anpfiff am Samstag redet kaum einer über das große Duell. Der Rassismus im spanischen Fußball ist das Thema.

„Ich fahre nach Barcelona und weiß, dass ich rassistisch beschimpft werde“, sagte Reals brasilianischer Mittelfeldspieler Roberto Carlos gestern. Nachdem am Mittwoch beim Länderspiel Spanien – England in Madrid dunkelhäutige englische Spieler aufs Übelste beleidigt und beschimpft wurden, ist die Stimmung im spanischen Fußball äußerst angespannt. Inzwischen untersucht der Weltverband Fifa den Fall, sogar eine Platzsperre gegen Spaniens Nationalteam droht.

Nationaltrainer Luis Aragones hatte einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Skandalnacht von Madrid geleistet, als er den bei Arsenal London spielenden Thierry Henry als „Scheißneger“ bezeichnete. Für Aragones blieb diese Beleidigung ohne Konsequenzen. Die Fußballvereinigung Spaniens habe „unsensibel und nachlässig“ reagiert, sagte ein Sprecher der spanischen Sektion von „SOS Rassismus“. „Wenn unser Nationaltrainer Sven-Göran Eriksson solche Bemerkungen gemacht hätte, wäre er ohne Zweifel entlassen worden“, sagte Englands Verteidiger Rio Ferdinand.

Auch die spanischen Sportzeitungen verstärkten den Eindruck, der Rassismus habe längst die Mitte der Gesellschaft erreicht. Sie hatten die Vorgänge während des Spiels weitgehend ignoriert und erst am Freitag nach Protesten aus England verurteilt. Die Stadt Madrid befürchtet nun sogar Auswirkungen auf ihre Bewerbung um die Olympischen Spiele 2012. Mit einer förmlichen Entschuldigung bemühte sich die spanische Regierung immerhin um Schadensbegrenzung.

Das Spiel zwischen dem FC Barcelona und Real Madrid wird wohl kaum zur Verbesserung des Ansehens der Fans beitragen. Seit jeher herrscht eine erbitterte Feindschaft zwischen beiden Klubs, auch wenn rassistische Ausfälle bisher die Ausnahme waren. Vielmehr wurden vor allem Spieler angefeindet, die vom einen Verein zum anderen wechselten. Vor zwei Jahren hatten aufgebrachte Fans den früheren Barca-Spieler Luis Figo mit „Verräter, Verräter“-Rufen beleidigt und mit einer Whiskey-Flasche und einem Spanferkelkopf beworfen. Weil Figo noch immer die meisten Eckbälle bei Real tritt, wurden diesmal zum Schutz vor Wurfobjekten extra Fangnetze an den Eckfahnen aufgespannt. „Die Fans dürfen ihren Unmut zeigen, sollten aber wissen, dass Gewalt jeder Art letztlich nur auf den Klub zurückfällt,“ sagte Barcelonas Spieler Deco.

Stößt sein Aufruf nicht auf taube Ohren, könnte am Wochenende aber wirklich das seit Monaten ausverkaufte Spiel im Mittelpunkt stehen. Und das verspricht spannend zu werden, denn Real Madrid ist dem Tabellenführer FC Barcelona dicht auf den Fersen. Nach dem 6:1 gegen Albacete und der ersten Saisonniederlage der Katalanen gegen Betis Sevilla am vergangenen Wochenende trennen die Teams nur noch vier Zähler. Siegessicher verkündete Reals Torjäger Ronaldo deswegen: „Ich wette auf ein 2:1 für uns. Und ein Tor wird von mir sein.“

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