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Sport: Sparen und spielen

Madrid wirbt mit fertigen Sportstätten.

Es sei „ein Traum“, sagt Madrids Bürgermeisterin Ana Botella mit glänzenden Augen. Die Bewerbung für die Olympische Spiele 2020 biete „eine Chance für die wirtschaftliche Entwicklung“. Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy verspricht seinem Land gar einen „unermesslichen Gewinn“, wenn Madrid im Rennen gegen Istanbul und Tokio den Zuschlag bekomme. Und König Juan Carlos sieht im Olympia-Projekt „einen Ansporn für die neuen Generationen“ – für jene jungen Spanier, von denen heute jeder zweite arbeitslos ist. Olympia soll also eine Art Wunderwaffe gegen die aktuelle tiefe Finanz- und Wirtschaftskrise werden.

Beim Volk kommen diese Sprüche nicht so gut an. Medienumfragen zufolge ist die öffentliche Meinung ziemlich geteilt. Auch eine Reihe von Bürgerinitiativen wie etwa „Ecologistas en Accion“ mobilisieren bereits gegen die „unverantwortliche“ und „wahnwitzige“ Olympia-Bewerbung der spanischen Hauptstadt für das Jahr 2020. Vor allem, weil der hoch verschuldete Staat, der wegen seiner Finanzmisere als Kandidat für den Euro-Rettungsschirm gilt, jetzt schon „ruiniert“ sei. Spanien muss angesichts eines tiefen Lochs in der Haushaltskasse Milliarden in der öffentlichen Gesundheitsversorgung, im Bildungsbereich, bei Familienförderung, Arbeitslosengeld, Pflegeleistungen und Renten einsparen.

Epizentrum des spanischen Sparzwangs, der immer mehr Menschen auf die Barrikaden treibt, ist übrigens ausgerechnet der Olympia-Kandidat Madrid. Die Drei-Millionen-Einwohner-Stadt ist mit derzeit 7,4 Milliarden Euro die am höchsten verschuldete Kommune des ganzen Krisen-Königreichs. Tägliche Demonstrationen und Streiks gegen immer härtere Kürzungen illustrieren heute schon die angespannte Lage. Genauso wie im ganzen Land, wo die Euphorie nach dem Gewinn der Fußball-EM in 2012 dem Wehklagen über wachsende Armut und Massenarbeitslosigkeit gewichen ist. Doch Spaniens Olympia-Politiker versuchen, ihre Landsleute mit dem Versprechen der „sparsamsten“ Spiele aller Zeiten zu überzeugen. Nur 1,5 Milliarden Euro müsse man für neue Sportstätten und Organisation ausgeben, sagt Projekt-Chef Alejandro Blanco. „Aller guten Dinge sind drei.“ Mit der Kandidatur für Olympia 2012 und 2016 sei Spanien gescheitert, nun werde es klappen.

„Es gibt keine bessere Geldanlage als die Spiele“, sagt Bürgermeisterin Blanco. Die großen Investitionen habe man bereits für die beiden früheren Olympia-Kandidaturen gemacht, die meisten Sportstätten seien schon gebaut. „In diesem Moment gibt es kein Projekt in Spanien, das so viel Einnahmen und Arbeitsplatze schaffen kann.“ Mit ähnlichen Versprechungen hatten freilich auch schon Olympia-Städte wie Athen (2004), Peking (2008) und London (2012) gelockt, ohne dass die finanziellen Träume in Erfüllung gegangen wären. In allen Fällen waren die Kosten explodiert.

Um Geld zu sparen, sollen bestehende Veranstaltungsorte genutzt werden: So soll etwa die gigantische Stierkampfarena die Basketball-Wettkämpfe beherbergen. Im Bernabeu-Stadion von Real Madrid sollen die Fußballer um Medaillen kämpfen. Für die Beachvolleyballer will man einen See im zentralen Retiro-Park trockenlegen. Das neue, aber noch unvollendete Stadion „La Peineta“ von Atletico Madrid würde als Olympia-Stadion dienen. Ungute Gefühle weckt, dass die Handballer in der städtischen „Madrid Arena“ spielen sollen, in der gerade gerade erst fünf Teenager bei einer Megaparty ums Leben kamen. Ursache des Unglücks waren massive Baumängel.

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