zum Hauptinhalt

Sport: SPD? Nein, danke!

Bayern-Manager Uli Hoeneß über Reformen in Politik und Sport sowie Fußball im Bezahlfernsehen

Herr Hoeneß, ist die Nationalelf nach dem Rückschlag in Bratislava noch ein Reformvorbild für Deutschland?

Die Euphorie drohte ja schon ins Unermessliche zu steigen, ehe Holland und die Slowakei uns auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt haben. Es hat sich bei der Nationalmannschaft vieles zum Besseren gewendet. Aber man muss so einen Weg konsequent weitergehen, das geht nicht von heute auf morgen, wie am Samstag zu sehen war.

Die Nationalelf wird gern als Spiegelbild für den Zustand Deutschlands genommen.

Häufig galt das mit Sicherheit. 1954 war die Zeit des Wiederaufbaus, da war es für die Spieler eine Ehre, das Land salonfähig zu machen. 1974 ging es für uns junge Spieler darum, die soziale Leiter hinaufzusteigen, auch das ist sinnbildlich für die Zeit. 1990 war dann so eine Phase dazwischen, die schwer zuzuordnen ist...

... und 2006 ...

....braucht unser Land eine Wende zum Besseren, vor allem was die Stimmung anbelangt.

Wird die WM die Nationalmannschaft auch langfristig verändern?

Es kann nicht das Ziel sein, dass sich im deutschen Fußball mit Blick auf das große Ereignis jetzt alles aufbäumt und danach wieder in sich zusammenfällt. Vor allem die bessere Nachwuchsarbeit hat erste Früchte getragen: siehe Schweinsteiger, Lahm, Podolski oder jetzt bei uns Andreas Ottl. Aber wir brauchen nicht drei, sechs oder zehn von dieser Sorte, sondern fünfzig oder sechzig. Wir haben in der Masse immer weniger talentierte Spieler. Die wenigen, die wir haben, müssen wir frühzeitig filtern und sie in unseren Fußballschulen künstlich zu dem erziehen, was wir früher auf der Wiese, im Hinterhof gelernt haben.

Auch beim FC Bayern gab es einen Reformprozess. Zu Beginn der Saison scheint die Mannschaft in guter Verfassung zu sein.

Sie ist stabiler und älter, sie ist zusammengewachsen. Das permanente Verändern von Mannschaften ist ja auch ein Misstrauensbeweis den eigenen Spielern gegenüber. Du zeigst ihnen: Hey, wir sind nicht mit dir zufrieden. Wenn ich jedes Jahr nur einen oder zwei Spieler hole und die Mannschaft damit wirklich verbessere, demonstriere ich auch, dass wir Steigerungspotenzial sehen. Wir arbeiten jetzt bewusst mit einem kleineren Kader, da gibt es weniger Unzufriedene.

Ausgerechnet diese Bayern soll es bald nur im Bezahlfernsehen geben – zumindest nach dem Wunsch von Premiere, das ab Sommer 2006 für drei Jahre alle Senderechte für die Champions League inne hat.

Premiere ist verpflichtet, 13 Spiele im Free-TV auszustrahlen. Was den FC Bayern anbelangt, werden wir uns mit Händen und Füßen dagegen wehren, dass unsere Spiele nur im Pay-TV kommen und wir Lockvogel sind und nichts davon haben – außer großem Ärger mit den Fans.

Herr Kofler sieht, mit Blick auf die Verhandlungen über die Bundesliga-Rechte im Herbst, der Deal habe „Modellcharakter“.

Das sind Wunschvorstellungen von Herrn Kofler. Er wird sich noch wundern, welch harte Verhandlungen er da vor sich hat. Ich sehe den Abschluss von Premiere mit der Uefa nicht als modelltauglich für die Bundesliga.

Die europäische Konkurrenz hat kräftig in neues Personal investiert. Hilft der Abschluss, für den Premiere 200 Millionen Euro gezahlt hat, die Lücke zu schließen?

Bislang sind das Marginalien. Wir reden nicht über zweistellige Millionen-Beträge, sondern allenfalls über zwei, drei Millionen Euro mehr. Um die Lücke zu schließen, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder die nationalen TV-Einnahmen in den anderen Ländern gehen deutlich runter oder unsere deutlich hoch. Wenn die großen italienischen Vereine 80 Millionen Euro Fernseh-Einnahmen bekommen, ist das in fünf Jahren ein Investitionspotenzial von 400 Millionen Euro. Da können wir nicht mithalten, das ist klar.

Das gilt auch im Vergleich zum FC Chelsea, seit dort Roman Abramowitsch mit Geld um sich wirft.

Wenn man jahrzehntelang so hinten dran war wie Chelsea, hat man Nachholbedarf und macht schon mal die Augen zu.

Ärgert Sie das?

Es ärgert mich nicht, es stachelt nur unseren Ehrgeiz an, sie mit unseren Waffen zu schlagen. Wir hatten sie letztes Jahr in der Champions League am Rande des Ausscheidens. So groß ist der Unterschied nicht. Und unser Kapital ist gewachsen, wir hängen nicht von irgendeiner Person ab. Die Frage ist doch, was passiert, wenn Herr Abramowitsch mal keine Lust mehr hat, sein Vermögen in einen Fußballklub zu stecken.

Beim FC Bayern scheint die Zukunft bestellt: Mannschaft, Stadion, Kontostand, kurz: das Gesamtkunstwerk steht – ihr Entschluss, 2007 aufzuhören, auch?

Vielleicht mache ich nach 2007 auch weiter, wenn ich gebraucht werde. Sollte Franz Beckenbauer 2007 Uefa-Präsident werden und damit neben dem Präsidenten-Posten in unserem Verein auch der Aufsichtsrats-Vorsitz in unserer AG frei werden, hätte ich große Probleme damit, wenn ein externer Kandidat diese Aufgaben übernimmt. Dann würde ich mir über diese Posten Gedanken machen.

In diesem Fall müssten Sie sich aus dem Tagesgeschäft herausziehen. Stimmt es, dass Ihre Frau gelacht hat, als sie das gehört hat?

Ja, aber meine Frau lacht häufiger. Sie weiß mittlerweile, dass es für mich auch ein Ziel ist, mein Golf-Handicap in den einstelligen Bereich zu bekommen.

Und Sie hätten Zeit, Ihre Politikerkarriere zu forcieren. Ist das eine Option?

Man muss da zwischen einer aktiven und einer beratenden Rolle unterscheiden. Ich sehe mich da in einer ähnlichen Rolle wie der Herr von Pierer, der als Aufsichts-Vorsitzender ja auch etwas mehr Zeit und vielleicht auch die notwendige Distanz hat. Das wäre sicherlich etwas, worüber ich mir Gedanken machen würde, wenn mich etwa Herr Stoiber oder jemand anders fragt.

Auf Landes- oder Bundesebene?

Die Frage stellt sich nicht. Wichtig ist allein, dass jetzt die Wahl gewonnen wird – von der CDU. Denn klar ist: Für die SPD stehe ich sicher nicht zur Verfügung.

Das Gespräch führte Daniel Pontzen.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false