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Sport: Spiel der Worte

Was die beiden jungen Bundesligatrainer Falko Götz und Jürgen Klopp unterscheidet

Berlin - Nur ein paar Meter werden Jürgen Klopp und Falko Götz heute trennen an der Seitenlinie im Mainzer Bruchwegstadion. In der Bundesligatabelle liegen immerhin acht Plätze zwischen den Klubs der beiden Trainer. Doch im Grunde scheint es, als kämen die beiden aus ganz verschiedenen Welten. Es ist heute eine Begegnung mit wenigen äußerlichen Gemeinsamkeiten und vielen tiefen Unterschieden, und diese Unterschiede erzählen nicht nur einiges über die beiden Menschen Klopp und Götz, sondern auch über ihre Vereine Mainz 05 und Hertha BSC und den Fußball in Provinz und Metropole.

Das fängt schon im Vorgespräch zum Spiel an, in dem Klopp sagt: „Ich mag es, wenn Leben in einem Verein ist, wenn es eine Vereinskneipe gibt, in der die Eltern auf ihre Kinder warten.“ Und Götz sagt: „Ich beantworte nur Fragen zum Spiel.“

Die Sprache ist einer der größten Unterschiede zwischen den beiden Trainern. Während Götz in der Öffentlichkeit nur seinen Fußballwortschatz verwaltet, hat es Klopp mit seiner originellen Rhetorik in Mainz zum Volkstribun gebracht und ist im ZDF auch bei der WM als Fußballplauderer gefragt. Mit der Begeisterung eines kleinen Jungen erzählt Klopp über Fußball, manchmal wirkt es, als habe er gestern erst sein erstes Spiel gesehen.

Es ist auch diese Begeisterung, die den Mainzern zu mehr Aufmerksamkeit verhilft, als ein Klub dieser Größe eigentlich bekäme. Was ihre Spieler an Unterhaltungswert vermissen lassen, weil ihre Fertigkeiten nicht reichen für den extravaganten Kick, das ergänzt ihr Trainer einfach sprachlich. Falko Götz erlebt ein Spiel an der Linie zwar genauso leidenschaftlich wie Klopp, da sprechen zumindest ihre Körper dieselbe Sprache. Doch ist das Spiel aus, wirkt er in sich gekehrt. Er würde vielleicht erwidern, dass Worte keine Tore schießen.

Klopp und Götz gehören beide zur jungen Trainergeneration, Klopp ist 38 Jahre alt, Götz wird am Sonntag 44. Was Klopp als Trainer noch erreichen könnte, hat ihm Falko Götz schon als Spieler vorgemacht. Klopp erzählt von einer Perspektive in der Bundesliga – Götz hat 242 Spiele bestritten. Klopp sagt, dass er innerhalb der nächsten zehn Jahre auch im Ausland gearbeitet haben will – Götz hat mit Galatasaray Istanbul zwei türkische Meisterschaften gewonnen und außerdem mit Bayer Leverkusen den Uefa-Pokal geholt. Klopp dagegen sagt: „Ich war nur ein mittelmäßiger Zweitligaspieler.“

Das macht jedoch nicht viel aus, weil in Mainz alle um ihn herum ebenfalls höchstens Zweitligakicker waren. Es hat Klopp auch zu einer besonderen Einstellung verholfen: „Wir hätten in anderen Vereinen diese Positionen nicht gekriegt. Dafür sind wir dankbar und das genießen wir.“ Vor allem ist Klopp neugierig und scheint noch viel nachholen zu wollen, was Götz schon als Spieler erlebt hat.

Während Klopp in Mainz die Neugier teilt, muss Götz in Berlin die Aufmerksamkeit teilen. Mit Manager Dieter Hoeneß, der eine erfolgreiche Karriere beim FC Bayern und als Nationalspieler hinter sich hat. Mit dem früheren Torschützenkönig Michael Preetz. Und mit Spielern wie Marcelinho. So bleibt ihm auch bei weitem nicht so viel Freiraum, wie ihn Klopp in Mainz findet.

Ein unsichtbarer Gegner für Götz in Berlin ist die Ungeduld. Wann stellt sich der Erfolg ein, und wann wird dieser Erfolg übertroffen? Das sind zwei zentrale Fragen für Hertha BSC. Götz hat dabei eine Menge zu verlieren, denn Hertha ist der Hauptstadtklub. In der Boulevardpresse wird gerne über neues Personal spekuliert. Da hat es Klopp leichter. „Wir brauchen nicht nach drei Wochen schlechter Leistung den Stab über einen Spieler zu brechen, auch weil wir glauben, dass unser Training auf Dauer Früchte trägt.“ Klopp kann sich das Warten leisten, und er kann auch ein bisschen kokettieren. „Wir sind so eine Art Workshop“, sagt er über sich und sein Trainerteam und stellt sich bisweilen dar, als sei er immer noch ein Auszubildender. Solche Selbstironie passt nicht zur Berliner Hertha, die keineswegs ein spaßfreier Klub ist, aber manchmal doch ein wenig humorlos wirkt.

Klopp muss allerdings nach sechzehn Jahren bei Mainz 05 und fünf davon als Trainer erst noch beweisen, dass er auch andernorts Erfolg haben kann, nicht nur im Mainzer Idyll. Erfolg ist schließlich auch ihm das Wichtigste: „Wir sind keine Stadionbesetzer, die hier ihre bemalten Bettlaken aufhängen.“

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