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Sport: Spiel mit der Mafia?

Robert Hoyzer soll Kontakte zur kroatischen Unterwelt gehabt haben

Berlin - Es ist alles ruhig im Wettbüro „Springer“, wie immer zur Mittagszeit. Auf den etwa 50 Bildschirmen an den Wänden werden Windhundrennen aus England übertragen. Die wenigen Spieler im Lokal in der Berliner Kurfürstenstraße sind ausschließlich männlich. Hat der unter Betrugsverdacht stehende Schiedsrichter Robert Hoyzer hier über Strohmänner Wetten platziert? Das berichtet jedenfalls der „Stern“ in seiner heutigen Ausgabe. Als zweites Wettbüro nennt das Magazin das „Albers“ in Karlshorst. Außerdem soll Hoyzer regelmäßig Kontakt zur kroatischen Mafia gehabt haben. Dieser Verdacht ist auch dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) bekannt, wie Sprecher Harald Stenger bestätigte.

Wohl auch deshalb hat der DFB gestern Strafanzeige erstattet. Die erforderlichen Ermittlungsmaßnahmen seien ausschließlich staatlichen Ermittlungsorganen und nicht dem DFB erlaubt, hieß es in einer Erklärung. „Der DFB erhofft sich insbesondere die Klärung der Frage, welche Personen hohe Wetteinsätze auf die von Robert Hoyzer geleiteten Spiele gesetzt haben und ob eine Verbindung von ihnen zu Robert Hoyzer besteht.“

Das Wettbüro Springer veranstaltet selbst nur Pferdewetten, vermittelt aber auch andere Sportwetten, vor allem im Fußball, an den österreichischen Buchmacher Pagobet. Jakov Efroni, Inhaber des Wettbüros Springer, hat für die verdächtigen Spiele allerdings keine erhöhten Wettsummen verzeichnet. „Wir haben für diese Spiele zwar Auszahlungen gemacht, aber nicht in dramatischen Größenordnungen“, sagt Efroni.

Auch Albers hat die Auszahlungen bei von Hoyzer geleiteten Spielen noch einmal nachgeprüft, und Eiken Albers sagt: „Wir haben nur minimale Auszahlungen gehabt.“ Buchmacher halten es ohnehin für ausgeschlossen, dass die Spieler ihre Wetten nur in zwei Büros platziert haben könnten. „In ganz Berlin wurden Wetten platziert“, sagt ein ausländischer Buchmacher, der nicht genannt werden möchte. Er geht davon aus, dass „mindestens sieben bis acht“ Anbieter betroffen seien, die wiederum mehrere Annahmestellen haben. Knapp 100 000 Euro sollen bei der staatlichen Wette Oddset gesetzt worden sein, noch einmal so viel bei privaten Wettbüros, schätzt der Buchmacher, der ebenfalls betroffen ist. Oddset will über die Einsätze keine Angaben machen.

Wetten bei Oddset zu platzieren, war offenbar besonders beim Pokalspiel zwischen Paderborn und dem Hamburger SV (4:2) lukrativ. Während die Quote bei den privaten Buchmachern von zunächst 9,5:1 auf bis zu 5:1 sank, ging die Quote bei Oddset nur auf 5,8:1 herunter. Das ist ungewöhnlich, denn normalerweise bietet das staatliche Unternehmen schlechtere Quoten als die private Konkurrenz. Dass Oddset nur Wetten in Kombination mit anderen Spielen erlaubt, sei für Betrüger kein großes Hindernis, heißt es in der Branche. „Dann nehmen Sie einfach ein paar Spiele, bei denen sie von Favoritensiegen ausgehen“, sagt ein Buchmacher. „Um sicher zu gehen, spielen Sie verschiedene Kombinationen.“

Die Spur zur kroatischen Mafia lässt sich bislang nicht erhärten. Die „Bild“-Zeitung berichtete, Hoyzer sei häufig in einem Café in Berlin-Charlottenburg gesehen worden, in dem viele Kroaten verkehren. Der Geschäftsführer des Lokals, ebenso wie der Inhaber kroatischer Herkunft, bestätigte dem Tagesspiegel gestern zwar, dass Robert Hoyzer dort regelmäßig zu Gast gewesen sei. Allerdings dienten die Besuche offenbar nicht dazu, Kontakte zur Mafia aufzubauen. Der Geschäftsführer, der seinen Namen nicht nennen möchte, ist ebenfalls Schiedsrichter bei Hertha BSC – bei dem Klub, für den Hoyzer tätig war. „Robert ist ein sehr guter Freund von mir“, sagt der Geschäftsführer. „Er war hier Stammgast und hat sein Bier getrunken wie viele andere Hertha-Schiris auch.“

Die Ermittlungen im Fußballbereich beschränken sich offenbar weiterhin auf den Fall Hoyzer. Zwar gab es am Mittwoch Gerüchte, Schiedsrichter Dominik Marks sei ebenfalls in den Skandal verwickelt. Der Schiedsrichter dementierte das. „Unsere Ermittlungen konzentrieren sich weiterhin auf einen Schiedsrichter und sechs Spiele“, sagte DFB-Präsident Theo Zwanziger auf Nachfrage.

Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig alle vom DFB erhaltenen Unterlagen an die Staatsanwaltschaft in Berlin abgeschickt. Die Auswertung der Dokumente habe ergeben, dass Berlin als Tatort „am ehesten in Frage komme“, sagte ein Justizsprecher in Braunschweig. Weil sich die Zuständigkeit der Ermittlungsbehörden nach dem Tatortprinzip richtet, gehen Experten davon aus, dass die meisten Wetten auf von Hoyzer geleiteten Spiele in Berlin gesetzt worden seien. „Vielleicht ergeben sich aus diesem Ermittlungsverfahren für uns neue Erkenntnisse, was eine kroatische Mafia betrifft“, hofft ein Berliner Ermittler. Über eine kroatische Wettmafia gibt es beim Landeskriminalamt Berlin allerdings bisher keine Erkenntnisse.

Hoyzers Anwalt Stephan Holthoff-Pförtner focht gestern die Rücktrittserklärung Hoyzers als Schiedsrichter an (siehe Kasten) und richtete Vorwürfe an den Verband. „Was der DFB mit meinem Mandanten bei der Vernehmung gemacht hat, war keine Untersuchung, sondern eine Hinrichtung“, sagte Holthoff-Pförtner in Interviews.

Hoyzer, der laut Gerüchten auch erpresst worden sein könnte, weist bislang alle Vorwürfe zurück. DFB-Präsident Zwanziger sagte: „Dieser Schiedsrichter ist ein junger Mann, der vielleicht Fehler gemacht hat. Deshalb darf er aber nicht kaputtgemacht werden.“

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