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Sport: Spiel mit der Raute

Der Hamburger SV hat zweimal kräftig investiert, jetzt will der Verein unter die ersten fünf in der Bundesliga

Von Karsten Doneck, dpa

Wer hat das Sagen im Verein? Bernd Hoffmann, dem Präsidenten, haben sie in Hamburg zuletzt übel mitgespielt. Die von ihm befürwortete Ausgliederung der Lizenzabteilung aus dem Gesamtverein schmetterten die Mitglieder ab. Und als es um die Verlängerung seines Vertrags als Vorstandsvorsitzender bis 2008 ging, wurde ihm erst im zweiten Anlauf die nötige Zweidrittelmehrheit aus dem Aufsichtsrat zuteil. Hoffmann hat derlei Abstrafung nicht verdient. Mit ihm, Sportchef Dietmar Beiersdorfer und der für das Marketing zuständigen Katja Kraus besitzt der HSV ein integres Führungsteam, das mit solider, unaufgeregter Arbeit den HSV wieder voranbringen will und sich damit wohltuend abhebt von früheren Präsidenten wie Peter Krohn und Jürgen Hunke, die sich allzu oft von persönlichen Eitelkeiten leiten ließen.

Was hat sich verbessert? Ganz sicher die Abwehr. Timothee Atouba ersetzt Björn Schlicke. Und damit wächst die Hoffnung, dass die Mannschaft nicht wieder 50 Gegentore einstecken muss wie in der vorigen Saison. Wenngleich Torwart Stefan Wächter nach wie vor beim Hamburger Publikum kein uneingeschränktes Vertrauen besitzt und der 24-jährige Verteidiger Rene Klingbeil durch seine Umständlichkeit mitunter nervt.

Wie sicher ist der Job des Trainers? Thomas Doll erfreut sich in Hamburg großer Beliebtheit. Da wird nicht einmal kritisch hinterfragt, ob sein System denn das richtige ist, wenn – wie in der vorigen Saison – von 13 Heimspielen unter seiner Regie fünf verloren gehen. Dolls unbeugsame Haltung im Konflikt mit Mehdi Mahdavikia, einem der besten Dribbler und Flankengeber der Liga, stößt zudem bei manchen auf Unverständnis. Aber Doll hat den HSV in der vorigen Saison aus dem Abstiegs-Dilemma herausgerissen und Aufbruchstimmung erzeugt. Das bringt ihm einen Bonus, der nicht so bald aufgezehrt sein wird.

Welche Taktik ist zu erwarten? Taktisch wird sich nicht viel ändern. Hinten steht die Viererkette mit van Buyten und Boulahrouz innen. Im Mittelfeld gibt es, passend zum Vereinsemblem, die Raute mit van der Vaart hinter den Spitzen, Barbarez und Mpenza sind erst mal als Stürmer gesetzt, Lauth macht vorerst den Joker.

Welche Platzierung ist möglich? Wer im vorigen Jahr 11,5 Millionen Euro für Verstärkungen ausgegeben hat und in diesem Jahr 7,6 Millionen nachlegt, der kann schlecht Genügsamkeit predigen. Bernd Hoffmann fordert unmissverständlich: „Platz fünf muss drin sein.“ Als Minimum, wohlgemerkt.

Wer sind die Stars? Nach dem Einkaufswert gebührt Rafael van der Vaart eindeutig die Rolle. 5,1 Millionen Euro kostete der Mann von Ajax Amsterdam. Fraglich, ob er mit seinen 22 Jahren den hohen Erwartungen auf Anhieb immer gerecht wird. Atouba kostete nur die Hälfte, aber so abgeklärt und ballsicher, so fintenreich und offensivstark, wie er agiert, hat er weitaus eher das Zeug, Publikumsliebling zu werden.

Wer hat noch Chancen auf die WM? Von den wenigen deutschen Spielern im Kader nur Benjamin Lauth. Wenn er sich in Konkurrenz mit Mpenza, Barbarez und Takahara einen Stammplatz im HSV-Angriff erkämpft, wird Jürgen Klinsmann an ihm kaum vorbeikommen. Ansonsten stärkt der HSV mit seinen vielen ausländischen Nationalspielern vor allem einige mögliche WM-Gegner der Deutschen.

Wie sind die Fans? Treu – und verdammt hungrig nach Erfolg. Sie wollen im – nach ihrer Einschätzung – schönsten Stadion Deutschlands endlich wieder die Champions League live erleben. Nur Mainz und Bielefeld – das nervt auf Dauer. Längst singen die Fans wieder: „Wer wird Deutscher Meister? Ha-ha-ha-ha-Ess-Vau.“

Die gesamte Serie im Internet:

www.tagesspiegel.de/bundesligatest

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