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Unzumutbar. Im Olympischen Dorf tropft das Wasser von der Decke.

© dpa

Spiele in Rio de Janeiro: Das Olympische Dorf braucht einen Klempner

Die Mängel im Olympiadorf belegen erneut die strukturellen Fehler in Rio. Der Bürgermeister der Stadt, Eduardo Paes, tut sich schwer, richtig auf die Beschwerden zu reagieren.

Rio de Janeiros Bürgermeister Eduardo Paes braucht meistens zwei Versuche, um den richtigen Ton zu finden. Natürlich hätten die Australier absolut Recht, gab er im zweiten Anlauf nun zu. Man werde schnellstmöglich alles tun, damit das olympische Dorf bezugsfertig werde. Daran, dass das klappen werde, habe er überhaupt keinen Zweifel.

Wie immer. Eduardo Paes ist ein Mann, den wenig Zweifel plagen. Er sieht sich als Macher, nicht als Zauderer. Zweifler und Nörgler kann er nicht ausstehen. Er ist um keine Ausrede verlegen. Oft wirkt er wie auf Koks. So antwortet er Journalisten auf die Frage zu den Korruptionsvorwürfen rund um die Olympiabauten schon mal, dass ihn diese negative Berichterstattung nicht interessiere. Doch Paes wird mit den negativen Nachrichten leben müssen. Denn auch zehn Tage vor Eröffnung der Olympischen Spiele wird aus Rio – nach Zika, Finanznotstand, verseuchten Gewässern und steigender Kriminalität – vor allem von Problemen berichtet.

Kängurus für die Australier

Nun hat die australische Delegation die Zustände im olympischen Dorf kritisiert. Unter anderem funktionierten Wasseranschlüsse nicht, es gab einen starken Gasgeruch, Wasser tropfte von der Decke und Toiletten waren verstopft. So entschied Delegationschefin Kitty Chiller, dass ihr Team nicht einziehen werde. Aus Selbstschutz. Man werde die Athleten stattdessen auf eigene Kosten in Hotels unterbringen. Dort sei es auch sauberer als in Rios olympischen Sportlerwohnungen.

Auf die Ankündigung Chillers reagierte Eduardo Paes wie gewohnt schnippisch. Man werde, sagte er, den Australiern sogar ein Känguru besorgen, um sie glücklich zu machen. Delegationschefin Chiller antwortete kühl: Man brauche kein Känguru, sondern einen Klempner. Im Internet kursieren nun Witze, dass man Eduardo Paes einen Esel schenken werde. Dieser sei sein Tier.

Deutsche haben eigene Handwerker

Die medienwirksame Reaktion der Australier überlagerte die Beschwerden anderer Delegationen. Die Japaner fanden dreckige Zimmer und verstopfte Bäder vor. Die Argentinier sagten, dass die Gebäude von außen prächtig wirkten, aber nicht bewohnbar seien. Ähnliches äußerten die Delegationen Großbritanniens, Belgiens und sogar die der Brasilianern selbst. Die Italiener stellten sogar Handwerker ein, um die nötigen Arbeiten zu erledigen. Dazu gingen dann auch die Australier über. Die Holländer wurden dabei gesichtet, wie sie sich im Supermarkt mit Putzmitteln und Bier eindeckten.

„Wenn unsere Betreuer nicht schon vor einer Woche angereist wären und mit großem Engagement und eigenen Handwerkern unterwegs gewesen wären, dann würden wir in einer schwierigen und vielleicht sogar inakzeptablen Situation sein“, sagte Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sport-Bunds.

Vieles wirkt billig

Wer kurz vor den Spielen das olympische Dorf besuchte, der konnte ahnen, dass es Probleme geben würde. Vieles wirkte billig, etwa die Möbel, und wie auf den letzten Drücker erledigt. Es ist ein allgemeines brasilianisches Problem. Handwerker absolvieren hier keine Lehre, sondern lernen ihren Job auf dem Bau. Dabei kriegen sie leider häufig auch mit, wie man pfuscht. Dann fließt das Wasser aus der Dusche nicht ab oder Steckdosen fallen aus der Wand.

Das Organisationskomitee hat nun auf die Beschwerden reagiert und 630 Handwerker eingestellt, die rund um die Uhr arbeiten würden, um das olympische Dorf bezugsfertig zu machen. Mário Andrada, Kommunikationschef des Organisationskomitees, versprach, dass bis Donnerstag alles tiptop sei.

Manche nennen es Korruption

Hinter all den Querelen um das olympische Dorf steckt ein struktureller Fehler dieser Spiele. Manche nennen es Korruption. Der Olympiapark wurde in einer sogenannten Öffentlich Privaten Partnerschaft errichtet, auf Englisch PPP abgekürzt (Public Private Partnership). Dabei spendete die Stadt das Bauland und befreite die Baukonzerne von vielen Bauauflagen. Die Firmen übernahmen im Gegenzug den Bau des Dorfes, das sie nach den Spielen vermarkten dürfen. Es ist also nur folgerichtig, dass die Firmen so wenig wie möglich ausgeben, um so viel wie möglich von einer PPP zu profitieren.

In Rio gilt es als erwiesen, dass die öffentliche Hand mit den PPP mehr verloren als gewonnen hat – auch wenn Eduardo Paes immer wieder das Gegenteil behauptet. Nicht zufällig gehören Odebrecht und Carvalho Hosken, die Firmen, die das olympische Dorf gebaut haben, zu seinen größten Wahlkampfspendern. Odebrecht ist außerdem tief in den Korruptionsskandal um den Erdölkonzern Petrobras verstrickt. Das ganze Ausmaß der olympischen Korruption wird erst nach den Spielen ans Licht kommen. Einen ersten Eindruck der Folgen liefert bereits das schlampig gebaute olympische Dorf.

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