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Sport: Spielen für die Gläubiger

Dortmund hat alle Transferrechte als Sicherheit an die Kreditgeber verpfändet

Tomas Rosicky grinste. Ausgerechnet er, der doch Leistungsträger seiner Dortmunder Borussia sein soll, der zumindest die sportliche Krise verhindern könnte. Aber der schmächtige Mittelfeldspieler saß am Samstag beim katastrophalen 0:5 der Dortmunder angeschlagen auf der Ersatzbank und lachte vor sich hin. Dass haben die Fans nicht gerne gesehen, schließlich hat Dortmund zur Zeit nichts zu lachen, der finanzielle Kollaps und damit der mögliche Lizenzentzug soll mit allen Mitteln verhindert werden.

Ein paar Tage später kann man Rosicky eigentlich selbst als eingefleischter Borussia-Fan nicht mehr wirklich böse sein. Denn gestern erfuhr der Tscheche Erstaunliches: Sollte er den BVB verlassen – und damit wird spätestens in der Sommerpause gerechnet –, kassiert die Transfersumme nicht der Klub, sondern ein Kreditgeber aus dem Münsterland. Der hatte sich als Sicherheit für ein Privatdarlehen von 15 Millionen Euro unter anderem die Transferrechte am tschechischen Star hinterlegen lassen.

Doch das ist nicht alles: Rosicky ist damit nicht allein im gelb-schwarzen Trikot. Nach Informationen des Handelsblatts hat Borussia Dortmund offensichtlich alle Spieler-Transferrechte an seine Gläubiger als Sicherheit verpfändet. Jochen Rölfs, Wirtschaftsprüfer und Sanierungshelfer des BVB, hält das jedoch „in dieser Lage“ keineswegs für unerwartet. Die Spieler seien nun einmal neben Einnahmen aus Fernsehrechten, Sponsoring und Kartenverkauf das wichtigste Kapital eines Fußballvereins. Dass die Gläubiger sich durch Übertragung der Spielerrechte absichern, hält Jochen Rölfs in der gesamten Branche für einen gewöhnlichen Vorgang. Keine Angaben wollte der Chef der Düsseldorfer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Rölfs Partner darüber machen, welche der 67 Geldgeber einen Spielervertrag als Sicherheit bekommen haben. Auch die Frage, wie die frisch zur Verfügung gestellten Überbrückungsmittel abgesichert sind, ließ er unbeantwortet.

Am Freitag hatte die Gläubigerversammlung das Sanierungskonzept gebilligt, zugleich aber auch knapp sechs Millionen Euro frische Mittel bereitgestellt. Doch so normal scheint all das nicht zu sein. Bekannt ist der Fall Klose aus dem Jahr 2002: Damals gewährte die Lottogesellschaft Rheinland-Pfalz dem 1. FC Kaiserslautern ein Darlehen von fünf Millionen Euro und erhielt als Sicherheit die Transferrechte an Miroslav Klose.

„Wir haben keine Schulden außer eines langfristigen Hypothekarkredits auf eine Turnhalle“, sagt Tino Polster, Sprecher des SV Werder Bremen. Auch der SC Freiburg ist schuldenfrei. Beim HSV beteuert man: „Bei uns gibt es solche Sicherheiten nicht.“ Ansgar Schwenken, Vorstandsmitglied des VfL Bochum hält solche Instrumente für problematisch – vor allem bei der Frage, wie viel ein solches Transferrecht überhaupt wert ist: „Nach einem BGH-Urteil von 1992 müssen alle Spieler mit ihren Anschaffungskosten in der Bilanz aktiviert und dann abgeschrieben werden.“ Doch der Preis, der sich tatsächlich erzielen lässt, sei eben ein ganz anderer – immer abhängig von Transfermarkt.

Was also, wenn der Transfererlös unter der Kreditsumme liegt? Schwenken weiß keine Antwort und sagt: „Wir machen so etwas nicht.“

Dieter Fockenbrock, Thomas Knüwer[Dü]

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