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Sport: Spielen könnt’s net

Deutschlands Eishockey-Team ist schlecht – das liegt wohl auch am Trainer

Es hat sich ein kleiner Skandal zugetragen im Wiener Frühling, fast unbemerkt von der Öffentlichkeit, und ohne Jan Benda wäre er vielleicht nie aufgedeckt worden. Der deutsche Eishockey-Nationalspieler Benda hat nämlich am Freitag dem österreichischen Fernsehen ein Interview verweigert, „ihr wisst schon, wegen der Sache vom Donnerstag“. Da waren die deutschen Spieler, gezeichnet von einer 1:5-Niederlage gegen die Schweiz, schweigend an den Mikrofonen der österreichischen Reporter vorbeimarschiert, und einer hat ihnen dann hinterher gerufen: „Spielen könnt’s net, und reden könnt’s wohl auch net!“ Wiener Humor ist das, genannt Schmäh und Zugereisten nicht so leicht zu erklären.

So ist denn auch der eigentliche Skandal an dieser derb formulierten Analyse, dass sie im Kern so verkehrt nicht ist. Die Deutschen spielen bei dieser Weltmeisterschaft in Österreich so schlecht wie lange nicht, und sie haben noch nach jedem Auftritt in den gleichen Sprechblasen geredet: Wir müssen besser in der Defensive stehen, weniger Strafzeiten kassieren und so weiter und so fort. Bundestrainer Greg Poss betont immer wieder, dass „wir viel gelernt haben und dem Druck gewachsen sind“.

Den entsprechenden Lerneffekt aber hat außer Poss noch niemand entdecken können. Im Gegenteil, die Deutschen werden immer schlechter. Am Freitag, beim 2:2 zum Auftakt der Abstiegsrunde gegen Österreich, reichte ihnen nicht einmal eine 2:0-Führung zum Sieg, obwohl doch der Gegner in Sachen Selbstbewusstsein schon unter der Eisoberfläche spielte, nach zuvor 17 Gegentoren.

Was läuft falsch im deutschen Eishockeyteam? Der Düsseldorferer Klaus Kathan hebt die Schultern, und dann sagt er ein paar Sätze, die seinem Chef nicht gefallen werden: „Wir treten nicht mehr so kompakt auf wie früher. Das ganze Turnier über lassen wir hinten Situationen zu, in denen zwei Stürmer gegen einen Verteidiger laufen. Dabei haben wir in den letzten Jahren doch vorgemacht, wie es richtig geht.“ Früher, das war die Zeit unter Poss’ Vorgänger, dem Defensivfanatiker Hans Zach. „Hans hat vom Eishockey die gleiche Philosophie wie Trapattoni vom Fußball“, sagt Pierre Pagé, der Trainer der Berliner Eisbären. „Aber seine Mannschaften spielen ein System, das für jeden Gegner schwer zu knacken ist.“ Bei den Weltmeisterschaften 2003 in Helsinki und 2004 in Prag hatten die Deutschen unter Zach auch jeweils 2:0 gegen Österreich geführt und beide Spiele leicht gewonnen.

Die Rufe nach Zach werden in diesen Tagen lauter, doch Hans-Ulrich Esken mag sie nicht hören. „Am Trainer liegt es nicht“, sagt der Präsident des Deutschen Eishockey-Bundes. Woran liegt es dann? Esken holt aus zu einem längeren theoretischen Exkurs, an dessen Ende die Erkenntnis steht, „dass sich solche Sachen irgendwann verselbstständigen“.

Auch anderes hat sich verselbstständigt, etwa die Einschätzung, dass die Deutschen im zweiten Relegationsspiel am Montag als großer Favorit auf das Eis der Olympiahalle von Innsbruck gehen. „Die Slowenen wissen, dass sie gegen uns Außenseiter sind“, sagt Benda. Der vermeintliche Außenseiter aber hat sein erstes Spiel gegen den Abstieg gewonnen und dabei mehr Teamgeist gezeigt als die Deutschen in allen Spielen zusammen. Gegen Dänemark machten die Slowenen aus einem 0:3-Rückstand ein 4:3. Sie haben wenig zu verlieren im Spiel gegen die Deutschen, das zur ungewöhnlichen Eishockey-Zeit um 12.15 Uhr beginnt.

Das Deutsche Sportfernsehen (DSF) hat Sendezeit hinzukaufen müssen, denn Live-Übertragungen von der Abstiegsrunde waren nicht geplant. Und die deutschen Spieler, müssen die jetzt ihren Biorhythmus umstellen? Benda lacht, „kein Problem, wir müssen nur ein bisschen früher aufstehen“.

Das Problem ist nur, dass die Deutschen bei dieser Weltmeisterschaft auch zu ihren bisherigen späten Spielterminen keinen besonders ausgeschlafenen Eindruck hinterlassen haben.

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