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Transfergeschäftspartner. Nationalspieler Sami Khedira mit Trikot von Real Madrid und sein Berater Jörg Neubauer, der zu den erfolgreichen und seriösen Spielervermittlern zählt.

© Imago

Spielerberater: Teurer Rat des Vermittlers

Spielervermittler zu sein ist ein lukrativer Job – deshalb werden inzwischen schwere Prüfungen verlangt. Aber es gibt einfache Wege, die DFB-Statuten zu umgehen.

So einfach kann der Einstieg in das Geschäft Fußball sein: Polizeiliches Führungszeugnis, zwei Passbilder und das Bestehen einer neunzigminütigen Prüfung sind die Voraussetzungen für den Erwerb der vom Deutschen Fußball-Bund ausgestellten Spielervermittlerlizenz. „Die Lizenz zum Gelddrucken“, wie der „Kicker“ den Schein einmal nannte, wird zweimal jährlich vergeben und ist am Donnerstag das Ziel von 145 Männern und sechs Frauen, die sich in Frankfurt am Main ab 10 Uhr prüfen lassen. Der Haken: 75 Prozent der Teilnehmer fallen regelmäßig durch die Prüfungen. Mindestens 14 von 20 Fragen müssen richtig beantwortet sein, zu jeder Frage werden drei mögliche Antworten vorgegeben. „Brutale Fragen“ seien es gewesen, sagt Michael Koppold. Der Bayer, seit 2004 im Besitz der Lizenz, erinnert sich: „Obwohl ich seit 1992 im Geschäft tätig bin, musste ich intensiv lernen. Eine Woche vor der Prüfung habe ich nichts anderes mehr gemacht.“

In seinem Fall haben sich Aufwand und 250 Euro Teilnahmegebühr gelohnt, der Berater von Ex-Nationalspieler Daniel Bierofka zählt zum Kreis der weltweit 5510 zugelassenen Berater. In Deutschland allein sind es 320. „Durch die Lizenzierung soll ein Mindestmaß an Qualifikation sicher gestellt und dem Verband die Möglichkeit eingeräumt werden, regulierend oder unterstützend einzugreifen“, sagt DFB-Direktor Helmut Sandrock. Bei Bedarf auch beides gleichzeitig.

Nur nach bestandener Prüfung erlaubt der Verband dem Berater, Spieler bei Vereinen anzubieten und beim Weiterverkauf Provisionen zu kassieren. Ausnahmen: Rechtsanwälte (wie Ballack-Berater Michael Becker) oder Familienangehörige (wie Diegos Vater Djair da Cunha), die keine Lizenz benötigen.

Soweit die Theorie. In der Realität ist es einfach, die DFB-Statuten zu umgehen: „Nach wie vor geben sich Personen als Spielerberater aus, die weder eine Lizenz als Spielervermittler noch eine Zulassung als Rechtsanwalt besitzen“, sagt Ulf Baranowsky. Der Geschäftsführer der Spielergewerkschaft VdV spricht die Masse von lizenzlosen Beratern an, die pro forma mit einem Anwalt zusammenarbeiten und die offiziellen Teile der Transfers erledigen – das Gros der Verhandlungen aber ohne juristischen Beistand führen. Mehr als zwei Drittel aller Transfers in Deutschland kommen Expertenschätzungen zufolge auf diesem Weg zustande. „Ich betrachte die Lizenz nicht als zwingend notwendig“, sagt ein erfolgreicher Berater aus Düsseldorf, der anonym bleiben will. Er selber sei mal bei einer Prüfung durchgefallen. Mittlerweile vertritt er auch ohne Zulassung mehrere Profis, in Kooperation mit einem Anwalt. Zeit für eine erneute Prüfung habe er daher nicht, irgendwann werde er sich aber um die Lizenz kümmern. Obwohl: „Man kann auch ohne Führerschein sehr gut Auto fahren“, sagt er und lacht.

Weniger lustig finden das der DFB und die Spielergewerkschaft. Beide empfehlen ihren Mitgliedern, nur mit lizenzierten Beratern zu kooperieren, sonst drohten Sanktionen gegen Spieler sowie Vereine. Und damit dürften die Berater weiter an Image einbüßen. Denen hat die „Zeit“ mal „ein Ansehen wie Zuhälter oder Waffenhändler“ attestiert.

Gregor Reiter, Geschäftsführer der Vereinigung der Deutschen Fußballspieler-Vermittler, kennt das schlechte Image. Bei zehn Prozent aller Transfers gebe es Unstimmigkeiten, sagt der Jurist. Eben jene Wechsel seien es, die dann ein schlechtes Bild auf die ganze Branche würfen. „Natürlich gibt es Spielervermittler, die sich nicht an die Regeln halten und ihre eigenen Interessen in den Vordergrund stellen. Das sind keine Unschuldslämmer“, sagt Reiter.

Einen Schutz vor solchen Beratern bieten freilich auch Lizenzierung und Prüfung nicht. „Es kommt leider immer wieder vor, dass vereinslose Spieler ihre langjährigen Berater plötzlich nicht mehr erreichen“, sagt Baranowsky. Eine Erfahrung, die ein ehemaliger Bundesligaprofi vor zwei Jahren hatte machen müssen. Sein Berater war für ihn nicht mehr zu sprechen, längst war sich der Profi deshalb selber mit einem Klub einig geworden. Kurz vor der Unterschrift intervenierte sein bis dato verschollener, lizenzierter Spielervermittler und ergänzte den Vertrag um seine Forderungen.

Der Transfer drohte zu platzen, doch die Spielergewerkschaft konnte das gerade noch verhindern, indem sie den Verein beruhigte und den wieder erschienenen Berater mit Hinweis auf einen bemerkenswerten Fehler ziemlich kleinlaut machte: Die Provision, die der Berater für sich reklamiert hatte, war höher als das Jahresgehalt des Spielers.

Steffen Schneider

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