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Unhaltbar. Yuki Nagasato (r.) gegen Ariane Hingst.

© dpa

Sport: Spielerischer Kulturaustausch

Yuki Nagasato von Turbine Potsdam versucht, den Japanerinnen europäische Tugenden beizubringen

Yuuuuuuuki! Jedes Mal, wenn Yuki Nagasato im Babelsberger Karl-Liebknecht-Stadion am Ball ist, geht ein langgezogener Schrei durch das Publikum. Die Japanerin ist beim Deutschen Meister Turbine Potsdam der absolute Publikumsliebling. Vor allen Dingen, weil der 23-Jährigen kein Weg zu weit ist, kein Ball zu aussichtslos weit entfernt. Im Gespräch schaut die Stürmerin ihrem Gegenüber direkt in die Augen, ihre Antworten formuliert sie stets mit großer Offenheit, gepaart mit einem verschmitzten Unterton. Und vor allem: Nagasato spricht in einem derart guten, treffsicheren Deutsch, als sei sie nicht erst im Januar 2010, sondern schon vor vielen Jahren ins WM-Gastgeberland gekommen.

Dabei hatte der berufliche Wechsel nach Europa einen handfesten Grund. „Ich spiele jetzt hier, und das ist sehr wichtig“, sagt Yuki Nagasato. „Deutschland ist im Frauenfußball die Spitze der Welt.“ Deshalb ist sie hier, und deshalb startet das bekannteste Gesicht der japanischen Nationalelf heute Nachmittag (15 Uhr, live in der ARD) mit großen Ambitionen in die WM. Auftaktgegner in Bochum ist Außenseiter Neuseeland, und Nagasato fordert sich und die Kolleginnen für das gesamte Turnier auf: „Wir müssen für Japan gewinnen.“

Das verheerende Erdbeben und die Reaktor-Katastrophe von Fukushima haben das Verantwortungsgefühl der japanischen Fußballerinnen für die eigene Nation noch einmal erhöht. Es gebe so viele schlechte Nachrichten aus der Heimat, deshalb müsse sie ihre Landsleute nun mit guten Neuigkeiten aus Deutschland versorgen, sagt Nagasato. Ohnehin taucht das Wort „müssen“ in Nagasatos Sätzen immer wieder auf. „Ich lerne den deutschen Fußball kennen. Aber ich muss mir auch Deutsch beibringen.“

Drei Mal in der Woche besucht Nagasato in Potsdam einen Sprachkurs, mit großem Erfolg. Nun sollen den Fortschritten auf deutschen Schulbänken Siege auf deutschen Fußballplätzen folgen. Die WM-Gruppe B mit den Gegnern Neuseeland, Mexiko und England gilt dabei als dankbares Startprogramm. Andererseits droht bei Vorrunden-Platz zwei bereits im Viertelfinale ein Duell mit der DFB-Auswahl, sollte die Mannschaft von Silvia Neid als Sieger aus der Gruppe A hervorgehen. So bemerkenswert der rasante Aufstieg der Japanerinnen auf Platz vier der Weltrangliste ist, so schwer fallen Sasakis Ensemble Spiele gegen die Großen des Frauenfußballs. Gegen Deutschland gelang den Japanerinnen vor zwei Jahren einmal ein respektables 0:0 – doch auch hier wurde Japans zentrales Problem deutlich: Geht es gegen robuste, zweikampfstarke Mannschaften wie die der USA, stößt Japans schneller Kombinationsfußball an seine Grenzen.

Frauen wie Yuki Nagasato, der Duisburgerin Kozue Ando oder der Bald-Frankfurterin Saki Kumagai fällt mit dem Engagement in Europa auch ein missionarischer Auftrag zu: Sie sollen die europäischen Elemente des Frauenfußballs in die Spielkultur ihres Landes einfließen lassen. Dazu zählt in erster Linie, die Widerstandsfähigkeit zu erhöhen. „Wir sind dabei, eine gute Kombination aus beiden Spielkulturen zu schaffen“, sagt Yuki Nagasato.

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